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2017/4 Zusammenarbeit

Bibliothekskooperation am Beispiel Schaffhausen

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Die Bibliotheken Schaffhausen sind eine mittelgrosse Stadtbibliothek mit zwei Filialen, insgesamt 270'000 Medien, 1.8 Mio Franken Budget und 13 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Sie übernehmen viele Funktionen einer Kantonsbibliothek und hüten einen überregional bedeutenden historischen Bestand. Der Spagat zwischen grossen traditionellen wie neuen Anforderungen und begrenzten Ressourcen kann dabei nur in Kooperation gelingen. Der folgende Beitrag beschreibt vor diesem Hintergrund die bibliothekarische Vernetzung im und aus dem Norden der Schweiz.

Geteilte Nutzung des ILS im Verbund

Traditionelles Kooperationsfeld der Bibliotheken, zumal im Hochschulbereich, ist die geteilte Nutzung des ILS (Integrated Library System) in einem Verbund – für Recherche, Katalogisierung, Ausleihe in unterschiedlichen Ausprägungen. Neue Aufgaben und Dienstleistungen gerade der öffentlichen Bibliotheken finden zwar immer häufiger ausserhalb von Katalogen und ILS statt, im Bauch der Bibliotheken wird derweil allerdings weiterhin fleissig per ILS katalogisiert und ausgeliehen. Deshalb dürfte die ILS-Kooperation auch weiterhin kein Auslaufmodell sein.

Bei den öffentlichen Bibliotheken ist zumindest heute in der Deutschschweiz ILS-Zusammenarbeit lokal und nicht überregional. Dies entspricht gewiss dem überwiegenden Kundeninteresse – Bibliotheksnutzer sind in erster Linie an lokal vorhandenen Medien interessiert. In Schaffhausen war die Bibliothekslandschaft bis vor kurzem ein Archipel unabhängiger Inseln. 2014 allerdings wurde der Katalog BISCH ONLINE der Bibliotheken Schaffhausen durch die Aufnahme der Gemeindebibliothek Neuhausen zu einem Miniverbund erweitert. Anderthalb Jahre später folgte die Bibliothek des Staatsarchivs Schaffhausen. Während beim Staatsarchiv technische Fragen den Ausschlag gaben, standen für Neuhausen die inhaltliche Kooperation, verbesserte Services und höhere Effizienz im Vordergrund. Mit einer Verbundbibliothekskarte erhalten die Neuhauser Kunden nun ohne Weiteres Zugang zum E-Medien-Angebot der Bibliotheken Schaffhausen. Die Bestände sind in einem Katalog auffindbar, ein Bücherkurier verbindet die drei Standorte (Stadtbibliothek und Agnesenschütte in Schaffhausen, Gemeindebibliothek in Neuhausen). Gleichzeitig entstehen bei der Katalogisierung im Verbund die bekannten Synergien, und auch für Erwerbungsentscheide ist der gemeinsame Katalog von Vorteil. Für die Bibliotheken Schaffhausen wiederum sind die IT-Kosten für das Client/Server-basierte ILS gesunken. Daneben fördert die Verbundzusammenarbeit auch darüber hinausgehende Kooperation, zum Beispiel für gemeinsame Ausschreibungen oder Anschaffungen. Auch der Ausbau der Leseförderungsprogramme hat sich zwischen Schaffhausen und Neuhausen intensiviert. Hoch einzuschätzen ist zudem die Aussenwahrnehmung bei Publikum und Politikern, dass die beiden Bibliotheken zum Nutzen der Kundschaft an einem Strick ziehen, versinnbildlicht durch Verbundkatalog und Verbundbibliothekskarte.

Bibliothekskooperation auf kantonaler Ebene?

Im Prinzip ist diese Kooperation auch auf weitere Bibliotheken im Kanton ausweitbar. Für die Weiterentwicklung des Bibliothekswesens im Kanton wäre dies zweifellos von Vorteil. Allerdings fehlen in Schaffhausen verbindliche Strukturen und Elemente einer Bibliothekskoordination, wie sie in anderen Kantonen zur Verfügung stehen. Die meisten anderen Gemeindebibliotheken des Kantons sind zudem recht klein; das in Schaffhausen derzeit eingesetzte Bibliothekssystem ist für ihre Bedürfnisse tendenziell zu aufwendig und teuer. Hingegen sprechen eine grosse Überschneidung bei der Kundenbasis und geographische Nähe für eine engere Abstimmung mit der Mediothek der Kantonsschule und dem Didaktikzentrum der Pädagogischen Hochschule (PH). Hier liegt eine mittelfristige ILS-Kooperation auf der Hand, wobei die PH dieses Jahr mit dem Wechsel auf ein Open Source-System eigenständig einen neuen Weg eingeschlagen hat.

E-Medien – gemeinsame Nutzung von Plattformen

E-Medien sind eine zweite wichtige Kooperationsschiene hoch im Norden. Während die Bibliotheken Schaffhausen beim ILS regional eine führende Rolle einnehmen, handelt es sich hier eher um eine Kooperation unter Gleichen. Bereits seit 2011 nimmt Schaffhausen an der dibiostteil, dem grössten Onleiheverbund der Schweiz. Im Alleingang könnte die kleine Schaffhauser Bibliothek niemals ein derart umfangreiches und aktuelles Angebot bereitstellen, das sich zu einem grossen Erfolg entwickelt hat. 2016 waren 14% aller Ausleihen in Schaffhausen E-Book-Downloads, weit über dem Anteil der E-Books im Kaufmarkt – dank der dibiost denkt man in Schaffhausen automatisch an die Bibliothek, wenn von E-Books die Rede ist. Dabei sind die Kosten in dem Grossverbund niedrig. Ein Schaffhauser Erwerbungsfranken für gedruckte Bücher generiert heute anderthalb Ausleihen – einer für die dibiost beinahe vier. Die Schattenseite des Erfolgs im Verbund sind die langen Wartezeiten auf gewisse Bestseller; individuelle kleinere Plattformen sind hier im Vorteil.

In Ergänzung zur dibiost können die Schaffhauser und Neuhauser Bibliothekskunden englischsprachige E-Books der Plattform Overdrive downloaden. 2015 startete "E-Books Switzerland" in Schaffhausen solo. Seither haben sich die Bibliotheken von Zug, Thun und Luzern (ZHB und Bibliotheksverband) angeschlossen. Damit wird das Medienangebot breiter und das Know-How ist verteilt; die Kosten sinken im von Overdrive angebotenen Lizenzmodell allerdings nicht linear. Eine dritte gemeinsame Plattform besteht mit dem Presseportal der "ebib solution" von Genios, an dem derzeit neben Schaffhausen die Kantonsbibliotheken von Thurgau, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Zug und ab 2018 die Liechtensteiner Landesbibliothek teilnehmen. Auch hier steht das gemeinsame Knowhow und Auftreten gegenüber dem Anbieter im Vordergrund. Nicht zu unterschätzen ist bei allen diesen Kooperationslösungen zudem der positive Effekt auf die Unterhaltsträger. Kooperation, zumal mit "besonders befreundeten" Kantonen, wird auf politischer Ebene sehr geschätzt.

Digitalisierungsprojekte in Bibliotheken

Digitalisierungsprojekte des historischen Bestands der Bibliotheken Schaffhausen betrafen bis dato vor allem die mittelalterlichen Handschriften und die Plattform e-codices. Dazu soll ein reformationsgeschichtlich wertvoller Nachlass auf e-manuscripta präsentiert werden, und ausserdem ist eine Teilnahme an e-rara für die Alten Drucke ist in Vorbereitung. Bei diesen aufwendigen Vorhaben bedeutet Kooperation für Schaffhausen vor allem auch Profitieren von Know-How und Services der grossen Leitelefanten des Schweizer Bibliothekswesens wie der Zentralbibliothek Zürich und ETH-Bibliothek.

Kooperation über die Landesgrenze hinaus

Es bleibt der Blick über die Grenze. Diese ist im Schaffhauser Kontext stets gegenwärtig, heissen unsere Nachbarstädte geographisch gesehen doch eher Singen oder Waldshut als Basel oder Solothurn. Singen etwa – die Hauptstadt des Hegaus mit 45'000 Einwohnern – liegt mit 27 km Entfernung näher an Schaffhausen als Winterthur oder Frauenfeld. Mit der dortigen Stadtbibliothek pflegen wir eine gute Zusammenarbeit im alljährlichen grenzüberschreitenden Literaturfestival Erzählzeit. Kooperationen im engeren bibliothekarischen Bereich steht allerdings die Staatsgrenze im Wege. Die Schaffhauser Beziehungen nach "drüben" sind denn auch mit Ausnahme des genannten Literaturfestivals und der losen Zusammenarbeit im Kreis der Bodenseebibliotheken fast inexistent. Besser sieht es über die Institutionengrenzen aus, bei der Kooperation mit unseren lokalen Schulen (anspruchsvoll), Archiven (etabliert), mit Museum, Theater und Vereinen. Aber dies ist ein weites, und separat zu beschreibendes Feld.

Thiele Oliver 2017

Oliver Thiele

Oliver Thiele ist Bereichsleiter Bibliotheken und Stadtbibliothekar von Schaffhausen.

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Oliver Thiele zeigt in seinem Artikel die vielfältigen Möglichkeiten zur Kooperation heutiger Bibliotheken anhand von umgesetzten oder geplanten Projekten der Bibliotheken Schaffhausen. Dabei wird deutlich, dass es dabei um mehr geht als um eine blosse Kooperation beim Katalogisieren. E-Medien und Digitalisierung erhöhen das Interesse daran, Kenntnisse und Ressourcen zu teilen.

Oliver Thiele montre dans son article les possibilités variées de coopération entre bibliothèques décrivant les projets réalisés ou planifiés dans les bibliothèques de Schaffhouse. Il apparaît que les coopérations doivent aller plus loin que le seul catalogage. E-média et numérisation augmentent l’intérêt des organisations à partager des connaissances et des ressources.