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2016/2 Ausgelagert, eingekauft, fremdbeschafft

Digitalisierung von Videos: Akteure, Grundlagen und praktische Hinweise

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Die Digitalisierung von Videosammlungen als Erhaltungsmassnahme ist eine komplexe Herausforderung, die unter Zeitdruck gemeistert werden muss und die Kooperation unterschiedlicher Akteure erfordert. Die folgenden Hinweise sollen Gedächtnisinstitutionen bei der Vergabe externer Digitalisierungsaufträge unterstützen.

Die folgende knappe Darstellung beruht auf dem Dokument «Digitizing Video for Long-Term Preservation: An RFP Guide and Template» der New York University von 2013, auf der beruflichen Erfahrung des Autors sowie einer kleinen Umfrage im Memoriav- Kompetenznetzwerk Video/TV. Den KollegInnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt für ihre Unterstützung! 

Zeitdruck und Akteursgruppen

Viele Gedächtnisinstitutionen haben Videodokumente in ihren Sammlungen. Die Erhaltung dieser meist als Magnetbänder in verschiedensten Formaten vorliegenden Dokumente unterliegt einem grossen Zeitdruck, da die Bänder eine beschränkte Aufbewahrungsdauer haben und – oft noch wichtiger – weil Obsoleszenz sowohl die Erhaltung wie auch die Benutzbarkeit gefährdet (Fachleute gehen von einem Zeitraum von ca. 20 Jahren aus2). 

Da in den meisten Gedächtnisinstitutionen weder die erforderliche Infrastruktur noch das Fachpersonal für die Digitalisierung von Videodokumenten vorhanden sind, ist Outsourcing oft die einzige Option. Dadurch kommt eine heterogene Akteursgruppe ins Spiel, in der gewiss viel technisches Know-how vorhanden ist. Die Ansprüche, Funktionen und Ziele von Erhaltungsmassnahmen im Rahmen der Archivierung von AV-Dokumenten sind dagegen oft nur unzulänglich bekannt. Zudem gehen die Kenntnisse und Gerätschaften für die Bearbeitung historischer Formate zunehmend verloren; sie werden obsolet. Ausserdem bestehen im Gegensatz zu anderen Bereichen der Bestandserhaltung im Videobereich nur wenig etablierte Beziehungen zu spezialisierten Anbietern.

Diese Umstände rufen einen dritten Akteur auf den Plan, welcher mit Vermittlung, Vernetzung und Information eine unterstützende Rolle einnimmt: Memoriav, der Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz. 

Vor der Auftragsvergabe

Um über das Outsourcing der Digitalisierung prinzipiell entscheiden zu können und auch um geeignete Betriebe zu finden, gilt es vorgängig eine Reihe nicht technischer, für Gedächtnisinstitutionen gängiger Grundsatzfragen zu klären: Wozu soll überhaupt digitalisiert werden, was sind die Ziele (Erhaltung, Nutzungsweisen)? Was muss dafür digitalisiert werden (Bewertung, Auswahl)? Wann ist der geeignete Moment (Obsoleszenz, konservatorische Prioritäten, Mittelbeschaffung etc.)? Sind die Rechte geklärt (Zugang)? Geht es um Massendigitalisierung grosser, gut erhaltener Bänder oder um Einzelbehandlung schlecht erhaltener, längst nicht mehr gebräuchlicher Formate (Inventar, Restaurierung, Nachbearbeitung, Automatisierung etc.)? Soll Firmen in der Schweiz der Vorzug gegeben werden, kommen solche aus dem Ausland auch infrage? Sind die Infrastruktur, Kompetenzen und Ressourcen vorhanden, um digitale Lieferobjekte nachhaltig und sicher zu archivieren (OAIS)?

Über die konkrete Ausgestaltung einer Ausschreibung3 gibt z.B. die «Wegleitung und Vorlage für Ausschreibungen»4 [Übers. des Autors] ausführlich Auskunft. Das Dokument geht vom konkreten Beispiel der Digitalisierung von VHS-Bändern aus, um generalisierbare Hinweise sowie praktische Angaben zusammenzustellen. 

Realisierung

Eine ausführliche, spezifische Ausschreibung erleichtert das Lesen von Offerten, macht verschiedene Angebote besser vergleichbar und kann Verhandlungen bei der eigentlichen Auftragsvergabe erleichtern. Detaillierte Ausschreibungsunterlagen können überdies auch bei allfälligen Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Dienstleister dienlich sein. Ausserdem lassen sich daraus ein Pflichtenheft und die Grundelemente eines Werkvertrags ableiten, beides unerlässliche Dokumente für ein geregeltes Auftragsverhältnis. Im Pflichtenheft werden alle Lieferobjekte benannt und genau beschrieben; also nicht nur die Videofiles, sondern beispielsweise auch Prüfsummen und (technische) Metadaten. Die konkreten Spezifikationen sollten bei länger dauernden Projekten in regelmässigen Abständen überprüft und allenfalls an technische Entwicklungen angepasst werden.

Nach der Auftragsvergabe ist die Gewährleistung der Kommunikation und gegenseitigen Erreichbarkeit während der gesamten Projektdauer entscheidend. Vor allem grössere Projekte bergen logistische Herausforderungen (Transporte, evtl. Zollabwicklung, Kapazitäten der Firma etc.), für welche solide Planung, Kommunikation und Zuverlässigkeit von grosser Bedeutung sind. 

Die «Wegleitung und Vorlage für Ausschreibungen» legt zu Recht grosses Gewicht auf Fragen der Qualitätssicherung und -kontrolle. Diese betreffen einerseits den beauftragten Betrieb, der qualitativ einwandfreie Infrastruktur und Workflows garantieren sowie die Kontrolle der Digitalisate während und nach erfolgter Digitalisierung vornehmen muss. Die auftraggebende Institution bestimmt andererseits nach Überprüfung der Lieferobjekte, ob noch Nachbearbeitungen und -lieferungen erforderlich sind. Bei grossen Mengen ist eine kontinuierliche, möglichst zeitnahe und weitestgehend automatisierte Qualitätsüberprüfung sehr empfehlenswert.

Bei Abschluss eines Projekts schliesslich muss einwandfrei geklärt sein, welche Daten von wem archiviert werden. Wird die mittelfristige Datenspeicherung extern angeboten (mit oder ohne Entschädigung), so müssen Fristen, Form und Garantien der Sicherung genau vereinbart werden. 

Vermittler Memoriav und Grenzen des Outsourcings 

Worin besteht angesichts dieser Prozesse und Anforderungen nun die Rolle von Memoriav? Was Memoriav – als grösstenteils vom Bund finanzierte Fach- und Förderinstitution – ohne entsprechenden Auftrag und mangels Ressourcen nicht bieten kann, ist eine aktive Empfehlung oder Zertifizierung von Dienstleistenden. Memoriav stellt allgemeine Informationen zum Thema Auftragsvergaben sowie spezifische zu Anbietern bereit.5 Zudem fördert das von Memoriav aufgebaute und unterhaltene Netzwerk der unterschiedlichen Akteure (Gedächtnisinstitutionen, Dienstleistende, Forschung, Lehre, Benutzende) den Austausch zwischen Institutionen mit ähnlichen Herausforderungen, Diskussionen zwischen Anbietenden und potenziellen Kundinnen etc. – sei es an den zahlreichen Fachveranstaltungen oder fallbezogen. So muss niemand suchen, was andere längst gefunden haben, und das Rad muss nicht ständig neu erfunden werden. Memoriav beurteilt im Rahmen der Prüfung der Fördergesuche auch konkrete Angebote bzw. Offerten von Dienstleistenden. 

Die Verantwortung für die Überlieferung ihrer Sammlungen kann eine Gedächtnisinstitution allerdings nicht outsourcen; daher müssen die Grundlagen für strategische Entscheide und spezifische Kompetenzen inhouse geschaffen und gepflegt werden. Memoriav setzt sich auch auf diesem Gebiet ein: in verschiedenen Kursen der (Fach-)Hochschulen, mit den publizierten Empfehlungen sowie an eigenen Fachveranstaltungen. Die nächste Gelegenheit, davon zu profitieren, bietet sich an der Memoriav-Fachtagung am 18. November 2016!6 

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Yves Niederhäuser

Yves Niederhäuser ist verantwortlich für den Bereich Video/TV von Memoriav. 

Abstract

Un outsourcing réussi pour des mandats de numérisation des vidéos demande de clarifier au préalable quelques questions fondamentales. De même, une attribution et une exécution satisfaisantes des mandats externes dépendent d’une formulation claire des spécifications et d’un double contrôle de qualité (mandant et prestataire). Les directives et modèles d’appels d’offres présentés ici, bien que brièvement, peuvent s’avérer utiles. Une condition de succès durable pour les projets de numérisation de vidéos est la présence chez le mandant d’un set minimal de compétences spécifiques. Memoriav s’engage pour le développement et l’échange intense de ces compétences. Votre prochaine opportunité d’en profiter : la journée de formation Memoriav donnée en français le 18 novembre 2016!