Die Bibliographic Framework Initiative (BIBFRAME) der Library of Congress – Offene, verknüpfte Datensätze
Die Bibliographic Framework Transition Initiative stellt ein zukunftsorientiertes Modell für den Übergang von MARC zu verknüpften offenen bibliografischen Daten vor. Das Modell orientiert sich sowohl an der Praxis als auch an bereits vorliegenden Modellen (FRBR) und neuen Katalogisierungsregeln (RDA).
Grenzen neuer Dienstleistungen für Bibliotheksnutzer/innen
Bibliotheken bemühen sich bei der Entwicklung neuer Angebote vermehrt um Zusammenarbeit, um ein grösseres Publikum zu erreichen und die Kosten für die Dienstleistungen teilen zu können. Ein Beispiel dafür ist der Velobuchkurier der fünf am «Bibliotheks platz Chur»1beteiligten Bibliotheken: Die Kunden können sich Medien der teilnehmenden Bibliotheken kostenlos in die Lieferbibliothek ihrer Wahl bringen lassen und Medien an der nächstgelegenen Bibliothek zurückgeben. Die innovative Dienstleistung hat allerdings einen Haken: Interessierte Nutzer/innen müss(t)en in zwei verschiedenen Onlinekatalogen suchen, um den Gesamtbestand der beteiligten Bibliotheken abzufragen – wer ist heute noch bereit, diese Mühe auf sich zu nehmen? Der Aufwand für die Realisierung einer Webanwendung zur gleichzeitigen Suche in beiden Katalogen ist für die beteiligten Bibliotheken aber aus technischen und finanziellen Gründen nicht vertretbar.
Im Rahmen des Innovations und Kooperationsprojekts der Schweizer Hochschulen «Elib.ch: Elektronische Bibliothek Schweiz» wurde der Aufwand geleistet. Mit der Eingabe von Stichwörtern im Suchfeld von Swissbib2werden die Bestände von 900 Bibliotheken, Mediotheken und Archiven aus allen Landesteilen der Schweiz abgefragt, darunter auch diejenigen der Churer Bibliotheken. Aber Swissbib wäre auch keine Lösung. Weil die Suche nur auf Bibliotheksverbünde und nicht auf einzelne Bibliotheken eingeschränkt werden kann, müssen zur Abfrage des Gesamtbestands des «Bibliotheksplatzes Chur» trotzdem zwei getrennte Suchen durchgeführt werden.
Verteilte geschlossene Datenbanken sind keine zukunftsorientierte Form der Datenhaltung für Gedächtnisinstitutionen. Um Bibliotheksnutzerinnen und nutzern innovative Dienstleistungen anbieten zu können, ist Open Data eine (notwendige) Grundlage.
Open Data
Open Data ist eine Bewegung mit dem Ziel, Daten aus geschlossenen Datenbanken zu «befreien» und im Web öffentlich zugänglich und nutzbar zu machen. Wer eine auf offenen Daten beruhende Dienstleistung anbieten möchte, kopiert die Daten und programmiert eine passende Webapplikation. Ein Beispiel für offene geografischen Daten (Orte, Strassen, Gebäude usw.) bietet OpenStreetMap. Basierend auf den Daten von OpenStreetMap3stellt eine an der HTW Chur realisierte Webanwendung die (auf OpenStreet Map erfassten) Schweizer Bibliotheken (und Museen) auf einer Karte dar4.
Die Veröffentlichung von Daten bewegt momentan vor allem die Behörden (Open Government Data). Beispiels weise hat am 16. September 2013 die Bundesverwaltung ihr Pilotportal für offene Behördendaten der Schweiz5eröffnet. Ein erster Schritt von Bibliotheken in Richtung Open Data wäre die Öffnung der OPAC und die Publikation ihrer bibliografischen Daten im Web. Vorreiterin diesbezüglich war die Bibliothek des Kernforschungszentrums CERN in Genf, welche im Dezember 2009 die Datensätze des CERN Document Server im Format MARCXML im Web zum Download zur Verfügung stellte67.
Die Open-Data-Bewegung legt das Format der offenen Daten nicht fest. Das Format MARCXML wäre demnach für die Veröffentlichung bibliografischer Daten durchaus geeignet. Aber das kryptische Feldformat ist nicht mehr zeitgemäss und die Belegung der Felder von Bibliothek zu Bibliothek zu unterschiedlich (vgl. Library of Con gress, 2011). Die Programmierung von Metasuchfunktionen ist deshalb sehr aufwendig.
Linked Open Data
Das Konzept von Linked Open Data ist strikter als dasjenige von Open Data. Es legt nicht nur fest, dass die Daten im Web veröffentlicht und durch einen Unified Resource Locator8 (URL) ein deutig addressierbar sein müssen; das Konzept von Open Data legt auch fest, dass die Datensätze in einer standardisierten Form (RDF9) maschinenlesbar formuliert sein und Verknüpfungen (Links) mit weiteren, verwandten Datensätzen enthalten müssen (Berners Lee, 2006).
Auf bibliografische Daten übertragen ermöglichte das Konzept von Linked Open Data den Nutzerinnen und Nutzern, Werke, Autorinnen und Autoren, Institutionen und viele weitere Fakten zu entdecken. Im Linked-Open-Daten satz zu «The Great Gatsby» wäre anstelle des Namens des Autors (die Buchstabenfolge «Fitzgerald, F. Scott») eine Verknüpfung zum Datensatz mit Angaben zum Autor Francis Scott Fitzgerald zu finden und würden beispielsweise auch Verknüpfungen zu Datensätzen mit Angaben zu den Übersetzungen und Verfilmungen des Romans enthalten sein. Und weil diese Datensätze maschinenlesbar wären, würde eine entsprechende Webanwendung einer Person, die sich für den grossen Gatsby interessiert, durch automatisches Verfolgen der verknüpften Datensätze auch anzeigen können, dass Francis Scott Fitzgerald Ernest Hemingway kannte.
Einen Weg von offenen bibliografischen Daten im Format MARCXML zu verknüpften offenen bibliografischen Daten bietet die Bibliographic Frame work Transition Initiative (BIBFRAME) der Library of Congress.
BIBFRAME
BIBFRAME10ist eine Initiative der Library of Congress. In Zusammenarbeit mit der Firma Zepheira11, Library and Archives Canada, der British Library, der Deutschen Nationalbibliothek und anderen Nationalbibliotheken, zahlreichen MARC-Nutzergruppen und weiteren Communities wird ein Modell entwickelt, das den Grundstein für die Zukunft verknüpfter offener bibliografischer Daten legt. Das praxisorientierte Modell berücksichtigt die Anforderungen an detaillierte bibliografische Beschreibungen, an Beschreibungen anderer kultureller Objekte und an weniger detaillierte Beschreibungen von Inhalten gleichermassen. Die Initiative befasst sich aber nicht nur mit einem zukunftsorientierten Ersatz für das Machine Readable Cataloging (MARC) Format, sondern untersucht auch Aspekte der Erfassung und des Austauschs bibliografischer Daten (z.B. Katalogisierungsregeln und Datenaustauschprotokolle).
Das Modell von BIBFRAME lehnt sich an dasjenige der Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR) an. Es unterscheidet klar zwischen einem Werk (work) und dessen physischen/digitalen Erscheinungsformen (instances), umfasst aber nur diese beiden Ebenen (anstelle der vier Ebenen Werk/Expression/Manifestation/ Exemplar von FRBR). Werke und Instanzen können Beziehungen zueinander und untereinander sowie Beziehungen zu Autoritäten (authorities) und Notizen (annotations) aufweisen.
Zur Beschreibung der Beziehungen stellt BIBFRAME ein Vokabular zur Verfügung, das erweiterbar ist. Beispielsweise beschreiben die Ausdrücke «hasInstance» bzw. «instanceOf» die Beziehung zwischen einem Werk (z.B. ein Roman) und dessen Erscheinungs formen (z.B. Taschenbuch). Der Ausdruck «creator» beschreibt die Beziehung zwischen dem Roman und dessen Autor/in. Und mit dem Ausdruck «providerName» wird die Beziehung zwischen einer Instanz (z.B. das Taschenbuch) und dem publizierenden Verlag beschrieben.
Auf der Website von BIBFRAME11 steht ein Onlinedienst zur Verfügung, um MARCXML-Datensätze automatisch in das Format BIBFRAME zu konvertieren. Bei der Konversion werden die Verknüpfungen mit Autoritätsdatensätzen ebenfalls automatisch eingefügt. Damit können auch Verbünde kleinerer (öffentlicher) Bibliotheken
Quellen
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Berners-Lee, T., «Linked Data», 2006. (www.w3.org/DesignIssues/LinkedData.html)
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– Library of Congress, «A Bibliographic Framework for the Digital Age», 2011. (www.loc.gov/bibframe/news/framework-103111.html)
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– LibraryofCongress,«Web-of-Data:Linked Data Model and Supporting Services», 2012. (www.loc.gov/bibframe/pdf/marcld-report-11-21-2012.pdf)
- 1 www.bibliotheksplatz-chur.ch.
- 2 www.swissbib.ch.
- 3 www.openstreetmap.org.
- 4 http://demo.tlab.ch/bm/.
- 5 http://opendata.admin.ch.
- 6 http://oldlibrary.web.cern.ch/oldlibrary/Library/bookdata.html
- 7 .
- 8 Webadresse, z.B. http://www.worldcat.org/oclc/727645936.
- 9 Resource Description Framework.
- 10 www.loc.gov/bibframe/.
- 11 http://zepheira.com.
Abstract
- Français
L’initiative Bibliographic Framework Transition présente un modèle d’avenir pour la transition de MARC à des données biographiques ouvertes et connectées. Le modèle s’oriente aussi bien vers la pratique que vers des modèles existants (FRBR) et de nou-velles règles de catalogage (RDA). Le travail sur BIBFRAME est encore en cours, raison pour laquelle seuls des projets-pilotes réalisés dans un cadre restreint sont judicieux pour l’instant. Cela étant, se pencher sur BIBFRAME et participer activement à la dis- cussion en cours concernant le modèle BIBFRAME est utile et nécessaire pour le développement des futures offres d’informations des bibliothèques.