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2011/4 Kommunizieren wir!

Wie eine gute interne Kommunikation zur besseren externen Kommunikation führt*

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Anita Schraner besitzt langjährige Er- fahrungen in kleinen öffentlichen Fachbibliotheken und Informationszentren von Nonprofitorganisationen, und Lilian Gwerder ist seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen einer allgemeinen öffentlichen Bibliothek tätig. Sie haben zusammen mit Theres Schlienger und Elisabeth Metzger-Moser eine Praxisarbeit zur internen Kommunikation in kleinen und mittleren, allgemeinen öffentlichen Bibliotheken verfasst. Auch wenn die Arbeit bereits 2008 entstanden ist, hat sie nichts von ihrer Aktualität eingebüsst. Aus diesem Grund hat arbido mit zwei Autorinnen ein Interview zur Arbeit geführt.

arbido: Bitte erklären Sie kurz, weshalb Sie sich zu diesem Thema für Ihre Praxisarbeit entschieden haben. 

Im Modul Dienstleistungsmarketing haben wir uns eingehend mit dem Thema Kommunikation auseinandergesetzt. In Diskussionen mit Mitstudierenden haben wir realisiert, dass in vielen Bibliotheken oft nur ungenügend kommuniziert wird. Wichtige Informationen werden nicht, zu spät oder unklar weitergegeben. Dies führt häufig zu Spannungen und Missverständnissen innerhalb des Teams, was sich wiederum negativ auf die Kunden auswirkt. Nach einer Umfrage dazu in Bibliotheken fühlten wir uns in der Meinung bestätigt. Mit unserer Arbeit wollten wir aus diesem Grunde das Bibliothekspersonal für die interne Kommunikation sensibilisieren und ihnen eine Art Handbuch dazu zur Verfügung stellen.

Kommunikation im Team

Sie betonen in Ihrer Arbeit die Wichtigkeit eines vorhandenen Leitbildes für Bibliotheken. Worin besteht diese Wichtigkeit? 

Im Leitbild werden die Werte, langfristigen Ziele und Visionen der Bibliothek festgehalten. Es soll Orientierung sein für Mitarbeiter, Kunden, Kapitalgeber und die interessierte Öffentlichkeit. Werte und Grundsätze spiegeln sich einerseits im äusseren Erscheinungsbild – wir denken dabei z.B. an die Homepage oder an Informationsbroschüren – und andererseits im Verhalten des Personals untereinander oder gegenüber Kunden.

Weshalb empfehlen Sie Teamausflüge zur Verbesserung der internen Kommunikation?

In den meisten Bibliotheken arbeiten viele Teilzeitangestellte. Sie sehen sich womöglich nur ab und zu kurz an Sitzungen oder Anlässen. Bei einem gemeinsamen Ausflug können sie einander in ungezwungenem Rahmen ausserhalb des Arbeitsumfelds besser kennenlernen. Gemeinsam etwas erleben stärkt und fördert die Teambildung. Dies trägt zur Motivation des Personals bei und wirkt sich positiv auf die Arbeit aus.

Kommunikation mit den Kunden

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der internen Kommunikation und der externen Kommunikation (zum Beispiel mit den Kunden)? Wie beeinflusst die eine Art die andere?

Wenn das Team ein einheitliches Bild vermittelt, weil die Arbeitsstimmung gut ist, der Informationsfluss funktioniert und die Regelnw bekannt sind, wirkt es kompetent und kann das vorhandene Wissen besser nutzen und an die Kunden weitergeben. Anders werden Spannungen innerhalb des Teams unweigerlich auch vom Umfeld wahrgenommen. Unterschiedliche Haltungen gegenüber Kunden geben Anlass zu negativen Reaktionen.

Ein Team möchte Regeln für die Kundenkommunikation erstellen. Was raten Sie? 

Mit Methoden wie beispielsweise Brainstorming können die Teammitglieder Punkte zusammentragen, die speziell für ihre Bibliothek wichtig sind. Als Ausgangslage dienen folgende Fragen: Wer sind wir, was wollen wir, was wollen wir nicht, welche Kunden kommen zu uns, welche möchten wir erreichen, welche Bedürfnisse wollen wir abdecken, worauf müssen wir in unserem speziellen Fall achten, Besonderheiten der Bibliothek, des Gebäudes usw. Wir meinen damit, dass die Mitarbeitenden das Leitbild kennen sollen, denn es dient als Basis, darauf können sie aufbauen und die Regeln unter Berücksichtigung der eigenen Bibliotheksproblematik gemeinsam erarbeiten.

Können Sie einige Tipps im Umgang mit verärgerten Kunden an der Ausleihtheke geben

Eine Faustregel gibt es dafür nicht. Jede Situation ist wieder eine andere. Menschen sind in ihrer Art sehr verschieden. Sie reagieren aus unterschiedlichen Gründen verärgert und ebenso unterschiedlich auf Ärgernisse. Trotzdem raten wir folgende Punkte zu beachten: Den Kunden ernst nehmen – zuhören – Bedauern ausdrücken – wenn nötig, sich entschuldigen – nicht persönlich nehmen (körperlich etwas Abstand nehmen, um innerlich Distanz zu schaffen) – klärende Fragen stellen – falls angebracht, auf Bibliotheksregeln hinweisen – gemeinsam eine Lösung suchen.

Wie kann das Team aus solchen Situationen lernen? 

Wenn wir solche Erfahrungen an Teamsitzungen austauschen und diskutieren, werden Situationen besser verstanden. Die Mitarbeitenden können eigene Vorschläge und Ideen einbringen und gemeinsam Lösungen erarbeiten; wenn nötig auch neue Regeln erstellen. Möglicherweise merken wir, dass mehr Training in solchen Fragen nützlich wäre, und beschliessen, eine Weiterbildung dazu für das ganze Team zu organisieren.

Auch eine funktionierende Feedbackkultur ist wichtig für die Kommunikation, jedoch gibt man ungern negative Feedbacks ab. So verzichten Mitarbeitende oder Kunden oftmals auf ihre Kritik, des «Hausfriedens» wegen. Welche Möglichkeiten gibt es, damit auch negative Feedbacks eingeholt werden können?

Von uns erprobte und bevorzugte Lösungen sind folgende: Für die Kunden platzieren wir an einem geeigneten Ort eine grosse Tafel mit der Überschrift «Ihre Kritik ist uns wichtig» oder einen Kummerbriefkasten für anonyme Feedbackformulare. Ausserdem lassen wir sporadisch Umfrageformulare ausfüllen. Für das Personal bieten Mitarbeiter- und Jahresgespräche eine gute Plattform.

Welche Problematik sehen Sie in der Schweiz bei den allgemeinen öffentlichen Bibliotheken hinsichtlich der Kommunikation mit den Kunden?

Wir stellen fest, dass der persönliche Kontakt mit den Kunden wegen der technischen Entwicklung bereits in einigen Bibliotheken immer mehr abnimmt. Wir denken dabei z.B. an Selbstverbuchung und -rückgabe oder an die Ausleihe von E-Books per Download auf den PC zu Hause. Weiter ersetzen E-Mails und Web 2.0 den persönlichen Austausch. Die Schulung des Personals wird immer wichtiger, weil sich die technischen und beruflichen Anforderungen laufend verändern.

Und zum Schluss ein (gerne auch gewagter) Ausblick in die Zukunft zum Thema Kommunikation zwischen der Bibliothek und ihren Kunden sowie zur internen Kommunikation: Welche Trends sowie Herausforderungen können Sie ausmachen, welche in den kommenden 10 bis 20 Jahren auf die Bibliotheken in der Schweiz zukommen werden?

Bibliotheken und mit ihnen ihr Personal müssen offen sein für Veränderungen in der Gesellschaft und ihr Leitbild laufend prüfen und anpassen. Mit der rasanten Entwicklung der digitalen Welt sind innovative Ideen für neue Dienstleistungen gefragt. Die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen in Kultur und Bildung muss gefördert werden, damit Kommunikation weiterhin auch im persönlichen Kontakt stattfinden kann. Bibliotheken könnten so zu kulturellen Begegnungs- und Lernzentren heranwachsen und Bibliotheksmitarbeitende zu einer Mischung von Wissens-, Kultur- und EventmanagerInnen.

Interview mit Anita Schraner und Lilian Gwerder, Diplombibliothekarinnen 

Interview geführt von Dunja Böcher, arbido-Redaktion

Kontakt: anita.schraner@hispeed.ch, l.gwerder@bluewin.ch 

Infobox mit den wichtigsten Erkenntnissen aus der Praxisarbeit «Interne Kommunikation»: 

– Identität schaffen und leben und so Kunden und Öffentlichkeit überzeugen 

– Informationsfluss gut organisieren und auf diese Weise Unwissen und Unklarheiten vermeiden 

– Personal regelmässig weiterbilden, damit es kompetent arbeitet und handelt 

– Mitarbeitergespräche führen, um die Zufriedenheit des Personals zu prüfen und zu fördern 

– Teamausflüge organisieren und dadurch das Arbeitsklima verbessern 

– Neue Dienstleistungen entwickeln und damit den Bedürfnissen der Kunden gerecht werden

Die Praxisarbeit von Anita Schraner, Lilian Gwerder, Theres Schlienger und Elisabeth Metzger-Moser kann ab www.arbido.ch heruntergeladen werden.

Abstract

Anita Schraner et Lilian Gwerder, bibliothécaires, ont rédigé leur travail de fin d’études à la Haute école de Lucerne sur la communication, travail intitulé «La communication interne: pour petites et moyennes bibliothèques publiques: informations, suggestions et conseils pratiques». Leur but était de sensibiliser le personnel en bibliothèques à la communication interne et de leur donner une sorte de guide pratique. En effet, une mauvaise communication interne génère des tensions et des malentendus au sein du personnel. Les principales conclusions de leur travail sont les suivantes: créer et vivre une identité et la transmettre aux clients et au public; organiser le flux de l’information et ainsi éviter les malentendus et la confusion; former régulièrement le personnel pour qu’il soit compétent; mener des entretiens de collaboration pour contrôler la satisfaction du personnel et la promouvoir; organiser des sorties du personnel et améliorer ainsi le climat; développer de nouveaux services et ainsi répondre aux besoins du client.