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2010/2 Records Management in Verwaltung und Privatwirtschaft – ein neues Aufgabenfeld?

Records Management als Basisdienstleistung für die Gesamtverwaltung

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Für die kantonale Verwaltung des Kantons Aargau sollen zur Umsetzung von Records Management die Dateiablagen hinsichtlich Revisionstauglichkeit und Archivierbarkeit mit der Einführung einer entsprechenden Serviceplattform verbessert werden.

Das Projekt der «langfristigen Archi­vierung elektronischer Daten des Kantons Aargau» (LAEDAG) wurde ent­sprechend der VSA­-Strategiestudie von 2002 darauf ausgerichtet, die Archi­vierungsfragen der Records-­Management-­Thematik nachzuordnen.

Denn nur aus einer strukturierten Datenablage kann eine effiziente und nutzbringende Archivierung erfolgen, und nur eine ordnungsgemässe Akten­führung vermag den Anforderungen von Öffentlichkeitsprinzip, Daten­schutz und Revisionstauglichkeit zu genügen. In diesem Zusammenhang soll ab 2012 für die kantonale Verwal­tung des Kantons Aargau eine Records­-Management­-System(RMS)-­Serviceplatt­form eingeführt werden.

Zwar steht bereits seit Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhun­derts zur Führung der Parlaments­ und Regierungsgeschäfte ein departementsübergreifendes Geschäftskontrollsys­tem im Einsatz. Eine verwaltungsweite Ausbreitung wurde hierbei allerdings nicht angestrebt, sodass die Daten, wel­che nicht in Fachanwendungen verwal­tet werden, nach wie vor auf File­Shares liegen.

Die Erkenntnisse aus den bisheri­gen Projektarbeiten haben dazu ge­führt, Records Management für die kantonale Verwaltung des Kantons Aar­gau auf die Ablagenstrukturierung zu fokussieren. Daher soll im Rahmen der IT­Gesamtarchitektur eine ent­sprechende Basisdienstleistung zur Verfügung gestellt werden, welche zu­dem erlaubt, Dateien aus Umsystemen nach den Vorgaben einer ordnungs­gemässen Aktenführung zu verwalten. Durch die Nutzung des Systems soll den Anwendern kein signifikanter Mehraufwand bei der täglichen Arbeit entstehen.

IT-Governance

Mit der Einführung eines IT-­Board als oberstes Informatikgremium der kantonalen Verwaltung wurde im Kanton Aargau im Jahre 2006 die IT­Gover­nance auf höchster Verwaltungsebene institutionalisiert. Das IT-­Board hat sich zum Ziel gesetzt, die Informatik­-Mittel nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten einzusetzen und de­ren künftige Nutzung nach einheit­lichen Vorgaben zu planen. Eines der initiierten Teilprojekte will durch Standardisierungen von Software­-Lö­sungen Synergien und Einsparungen erzielen. Darauf stützt sich auch das Vorhaben zur Evaluation und verwal­tungsweiten Einführung eines Records­-Management­-Systems. Dabei liegt das Gewicht vor allem auf der Compliance bezüglich der unveränderlichen Auf­bewahrung der Dokumente während der rechtlich vorgeschriebenen Aufbe­wahrungsdauer sowie der kontrollier­ten Archivierung oder Kassation nach deren Ablauf.

Die rechtliche Grundlage bildet seit 2007 das Gesetz und die Verordnung zum Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG). Im selben Jahr wurden die zur Normumsetzung benötigten organisatorischen Vorga­ben durch die Richtlinie über die Aktenführung und Archivierung ergänzt. Der Geltungsbereich dieser Normen erstreckt sich auf sämtliche Bereiche der kantonalen Verwaltung, wobei die einzelnen Departemente für die Um­setzung verantwortlich zeichnen. In die Projektorganisation wurden daher Vertreter aller Verwaltungsbereiche und der zentralen Informatik einge­bunden. Über diese Vertreter erfolgt während der Projektdurchführung die Kommunikation zum Projekt und zu dessen Zielsetzung.

Mit der Leitung und Durchführung des Projektes LAEDAG wurde von An­fang an das Staatsarchiv betraut. Auf­grund des strategischen Ansatzes, Archivierung und Records Management in ihrer Abhängigkeit zu behandeln, erhält das Staatsarchiv Aargau durch seine Verantwortlichkeit im Records­ Management­ Bereich zur Umsetzung den nötigen Stellenwert.

Prozessmanagement

Mit der Einführung der «Wirkungs­orientierten Verwaltungsführung» (WOV) wurden verwaltungsweit Pro­duktgruppen und Produkte definiert. Unter den Vorgaben von WOV wurden in den letzten Jahren erfolgreich verschiedene Anläufe zur Effizienzsteige­rung und zur Verbesserung der Kun­denorientierung unternommen. Viele dieser Vorhaben waren primär finanz-­politisch ausgerichtet, sodass die Datei­ ablagen davon häufig unberührt blie­ben. In den letzten Jahren haben sich aber alle Einheiten der Verwaltungen mit der Definition und Dokumentation von Prozessen beschäftigt.

Somit besteht inzwischen ein brei­tes Bedürfnis, die Dokumentablagen besser und mit geeigneten Hilfsmitteln zu strukturieren. Projekte zur Umset­zung von Records Management rufen aber auch Befürchtungen hervor, dass mit der Systemeinführung tiefgreifen­de Veränderungen der bisherigen Abla­gen einhergehen oder für die Datei­verwaltung unbekannte oder umständ­liche Operationen vorgenommen wer­den müssen.

Sensibilisierung und Überzeugungsarbeit 

Für die Verbreitung und Umsetzung von Records Management bedarf es in der öffentlichen Verwaltung einer er­heblichen Vorbereitung und Überzeugungsarbeit. Es gilt bei der öffentlichen Hand zu berücksichtigen, dass die ver­schiedenen Fachbereiche der kanto­nalen Verwaltung von äusserst unter­schiedlicher Grösse und von verschie­denartiger Aufgabenstellung und Pro­zessführung sind.

Aufgrund der Verfügbarkeit elek­tronischen Speichers brauchen sich die Anwender keine Gedanken darüber zu machen, dass Dokumente im operati­ven Umfeld nicht auf unbestimmte Zeit gehalten werden können und sollten. Unterlagen aus abgeschlosse­nen Geschäften verbleiben somit in hochverfügbaren und kostenintensi­ven Speichersystemen.

Zwar ist die Notwendigkeit einer ordnungsgemässen Aktenablage aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und der Transparenz allen Stellen der Ver­waltung durchaus bewusst. Allerdings wird der Aufwand einer damit verbun­ denen Optimierung der Ablage und allenfalls der bisherigen Abläufe ge­scheut. Dies ist wohl ein Grund, wes­halb hierbei meist Zuflucht zu techni­schen «Lösungen» gesucht wird. So erlebt die Beschlagwortung von Einzel­dokumenten stets eine Wiederauferste­hung unter neuer Bezeichnung; aller­dings bleibt dabei geflissentlich der Aufwand einer sauberen Indizierung auf der Basis eines einigermassen ein­heitlichen Thesaurus ausgeklammert.

Ordnungssystem und Dossierprinzip

Wie bei einer physischen Ablage führt letztlich aber kein Weg daran vorbei, zusammengehörende Dateien in ent­sprechenden Dossiers zu bündeln. Sinnvollerweise orientiert sich die Bil­dung von Dossiers an den Geschäftsab­ läufen. Allerdings darf die Bildung von Dossiers nicht wie beim Windows Ex­plorer dem individuellen Sachbearbei­ter überlassen werden, sondern muss pro Verwaltungseinheit möglichst zen­tral organisiert sein. Auch sind die Dos­siers einem übergeordneten Ordnungssystem zuzuordnen, wo die dort hinter­ legten Metadaten automatisch auf die Dossiers abgeleitet werden können.

Dieses Zusammenspiel eines mög­lichst einheitlichen und verbindlichen Ordnungssystems und die Ablage von zusammengehörenden Dateien in Dos­siers ermöglicht die Verbesserung der nachvollziehbaren Zusammenarbeit und somit schliesslich auch eine Archivierung.

Die Mehrzahl der Dateiablagen gliedert sich häufig nach individuellen Gesichtspunkten oder widerspiegelt die eigene Organisation oder verschiedene Sachgebiete; sie ist somit aus­serhalb von Fachanwendungen kaum prozessorientiert nach Geschäftsvor­fällen gegliedert. Dadurch lassen sich obsolet gewordene oder nicht mehr auf­ bewahrungswürdige Dokumente we­der automatisch identifizieren noch entfernen. Eine Bereinigung solcher unübersichtlicher Ablagen ist derart aufwändig, dass sie erfahrungsgemäss unterbleibt.

Die gesetzlichen Grundlagen der Aufbewahrungsfrist sind den Fachstel­len bekannt; es besteht jedoch meist keine Nachführung dieser Informationen; insbesondere werden ergänzende Regelungen nicht dokumentiert. Somit kann keine systemmässige Unter­stützung zur automatisierten Bereini­gung der Ablagen und der Entschla­ckung produktiver Systeme erfolgen. Dies trägt zu einem unübersichtlichen Neben­ und Durcheinander von aktiven und abgeschlossenen Dossiers bei.

Ablagenstrukturierung mit einer RMS-Serviceplattform 

Viele der am Markt verfügbaren Syste­me sind stark auf die Verwaltung von Einzeldokumenten ausgerichtet. Sie klassifizieren und steuern die verwalte­ten Dateien nur durch Dokumententy­pisierungen und verwenden kein Ord­nungssystem. Diese Art der Doku­mentensteuerungen auf Ebene der einzelnen Datei vermag allerdings die Ansprüche von Revisionstauglichkeit und Archivierbarkeit nur ungenügend zu erfüllen.

Demgegenüber gibt es (Geschäfts­kontroll­)Systeme, welche die Dokumentenverwaltung im Rahmen ihrer eingebauten Workflow­Funktionalitä­ten vornehmen. Aufgrund der meist rigiden Vorgaben stossen solche Syste­me aber auf den Widerstand der An­wender und werden nicht im angedach­ten Masse genutzt. Auch lassen sich solch monolithische Systeme nur schlecht in eine bestehende IT­-Gesamt­architektur integrieren.

Zur ordnungsgemässen Aktenfüh­rung bedarf es neben der Unterstützung durch ein RMS auch des Willens zur Umsetzung auf Seiten von Führungsebene und Anwendern. Dies setzt das Vorhandensein entsprechender organi­satorischer Vorgaben voraus.

Im Kanton Aargau wird Records Management als Basisdienstleistung verstanden und mit der Einführung ei­ner Serviceplattform für Records Management unterstützt. Die Planung sieht dabei vor, dass die Verbreitung des RMS bedarfsgerecht und schrittweise erfolgt.

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Peter Schneider

Projektleiter LAEDAG, Staatsarchiv Aargau

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Les fonds documentaires de l’Administration cantonale argovienne doivent être mieux structurés afin d’en faciliter la révision et l’archivage. Il faut pour ce faire disposer d’un outil approprié. Selon l’étude stratégique de l’AAS de 2002, c’est le Records Management (RM) qui se profile ici comme particulièrement indiqué pour ce qui est de l’archivage. Etant donné que les fichiers électroniques, qui ne sont pas administrés dans des applications spéciales, sont enregistrés sur File-Shares, le projet RM se focalise sur la structure même des fonds. Le Records Management se veut donc être ici une prestation de base pour le support de laquelle une plateforme de service est introduite au niveau de l’administration dans son ensemble.

Un système d’organisation uniforme et contraignant, ainsi qu’un groupement dans des dossiers des fichiers qui vont ensemble permettent d’améliorer la collaboration et donc en fin de compte un archivage adéquat des données électroniques. Il est en outre également possible d’empêcher la confusion avec des dossiers encore actifs.

La mise en œuvre d’un tel système nécessite beaucoup de préparation et tout un travail de persuasion, car les personnes concernées rechignent à la dépense qu’implique l’optimisation des fonds et éventuellement aussi des processus en place. La généralisation du RM est donc justifiée au niveau des besoins et sera poursuivie par étapes, ce sur la base des impératifs légaux et organisationnels. Les Archives du Canton d’Argovie sont chargées de diriger et de mettre en œuvre ce projet.