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2008/1 Lobbying für Informationsdienste: Theorie und Praxis

Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek 2007: Der Erfolg gibt den Bibliotheken Recht

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Ein riesiges, attraktives Veranstaltungsprogramm in den Bibliotheken, gepaart mit einer professionellen Werbekampagne, ist das Erfolgsrezept von «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» – beide Teile sind für den Erfolg unabdingbar. Das Grundkonzept des Vorjahres wurde beibehalten, optimiert und erweitert. Der Erfolg gibt den Bibliotheken Recht.

2006 haben wir alle überrascht. Das hatte den Bibliotheken niemand zugetraut. Mit «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» starteten die österreichischen Bibliotheken eine Kampagne, die es in dieser Dimension bislang noch nicht gegeben hatte. Tausende Veranstaltungen in den Bibliotheken; 480 000 Besucher in einer Woche; Weltstars, die sich vollkommen gratis für eine Inseratekampagne für die Bibliotheken zur Verfügung stellten – unser Ziel, mit der Kampagne «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» Werbung für das Lesen und die Bibliotheken zu machen, haben wir mit einem furiosen Start 2006 erreicht und dabei manche Erwartungen und Wünsche übertroffen.

Von den Gemeinde- und Pfarrbibliotheken, Schulbibliotheken, Stadt- und Landesbibliotheken, Universitätsbibliotheken bis zur Österreichischen Nationalbibliothek machten die Bibliotheken in ganz Österreich mit und stellten ein attraktives Programm auf die Beine, bei dem sie mit Lesungen, Vorlesestunden, Literaturwanderungen, Bilderbuchkinos, Lesenächten, Lesefesten, Workshops, Literatur-Cafes, Buchausstellungen u. v. m begeisterten. Fast alle bekannten österreichischen Autorinnen und Autoren traten in dieser Woche in den Bibliotheken auf.

Das Echo in den österreichischen Tages- und Wochenzeitungen war enorm. Viele Rundfunkanstalten und alle Landesstudios des ORF berichteten über die Aktion. Mehr als 800 Seiten umfasst der vom Büchereiverband Österreichs erstellte Pressespiegel zu «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek 2006». Von Titelstorys über ausführliche Berichte zur Lage der österreichischen Bibliotheken bis hin zu Ankündigungen und Tausenden von Berichten über Lesungen und andere Veranstaltungen reicht die Bandbreite der Pressemeldungen. Die grossen Tageszeitungen berichteten detailliert über die Leistungen der Bibliotheken, aber auch – teils verwundert und empört – über ihre prekäre wirtschaftliche und gesetzliche Situation. Es gelang uns, die Situation der Bibliotheken zum Thema in den Medien zu machen. Und das zu einem enorm wichtigen Zeitpunkt: nämlich während der Koalitions- beziehungsweise Regierungsverhandlungen.

Öffentliche Bibliotheken erstmals im Regierungsprogramm 

Erfolge von Kampagnen sind nicht exakt messbar. Aber es ist sicherlich kein Zufall, dass die öffentlichen Bibliotheken im Regierungsprogramm vom 11. Jänner 2007 – also drei Monate nach unserer Kampagne – zum ersten Mal in der 2. Republik in einem Regierungsprogramm vertreten sind. Erstmals signalisiert ein Regierungsprogramm Handlungs- und Veränderungsbedarf in diesem Bereich, indem es heisst:

«Öffentliche Bibliotheken sind Zentren für Bildung, Kultur, Information und soziale Integration. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden Versorgung mit Literatur und bieten Zugang zu neuen Medien. In Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden soll gemeinsam mit den Rechtsträgern, Experten und Praktikern ein umfassendes Entwicklungskonzept für die öffentlichen Bibliotheken ausgearbeitet werden.»

Unser Maximalziel, ein Bibliotheksgesetz, das Standards, Leistungen und Finanzierung der Bibliotheken regelt und damit die Chancenungleichheit im Zugang zu Literatur, Information, Bildung und Kultur innerhalb Österreichs und im Vergleich zu anderen europäischen Ländern beseitigt, haben wir damit (noch) nicht erreicht. Aber mit gezieltem Lobbying, flankiert durch eine österreichweite, öffentlichkeitswirksame Kampagne, ist es gelungen, die Bibliotheken auf die Tagesordnung zu setzen.

Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek 2007 

Hier galt und gilt es anzusetzen und fortzusetzen. «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» ist mittlerweile nicht nur das grösste Literatur- und Lesefestival unseres Landes, sondern ein ungemein wertvolles bibliothekspolitisches Marketinginstrument geworden: Mit der Aktion lässt sich öffentlichkeitswirksam die Situation der Bibliotheken thematisieren, Medienarbeit und effektives Lobbying betreiben.

Und dies ist uns 2007 in noch grösserem Ausmass gelungen als 2006. Mit «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» starteten wir heuer ein wahres Veranstaltungsfeuerwerk. Mehr als 500 000 Besucher konnten wir in über 4000 Veranstaltungen in den Bibliotheken registrieren. Deutlich mehr als im erfolgreichen Vorjahr. Tolle neue Veranstaltungsideen sorgten für volle Veranstaltungssäle. Das Kreativpotenzial der Bibliothekarinnen und Bibliothekare scheint schier unerschöpflich: Züge wurden zu fahrenden Bibliotheken umgestaltet («Unsere Bücher fahren Zug» in Salzburg), Regierungssitze von BibliothekarInnen bespielt (Land- haus Graz), Bibliotheken neu eröffnet, der Grundstein für eine neue oberösterreichische Landesbibliothek gelegt, natürlich die prominentesten Schriftsteller des Landes in grossen und kleinen Bibliotheken präsentiert, kurzum ein Programm auf die Beine gestellt, das eine enorme Anziehungskraft ausstrahlte und quer durch alle Bevölkerungsschichten beeindruckte.

Beeindruckt zeigte sich auch Frau Bundesministerin Dr. Claudia Schmied von der Aktion und den Leistungen der Bibliotheken. Vor 200 Festgästen erwies sie sich im Prunksaal der Nationalbibliothek nicht nur als Liebhaberin und Kennerin der Literatur, sondern betonte, als sie auf das fehlende österreichische Bibliotheksgesetz angesprochen wurde, coram publico klar und deutlich: «Wir haben uns noch für diese Legislaturperiode ein Bibliotheksgesetz vorgenommen.»

Dass die Arbeitsbedingungen der Bibliothekarinnen und Bibliothekare verbessert gehören, scheint mittlerweile immer mehr Personen klar zu werden. In seltener medialer Allianz berichteten heuer anlässlich «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» Kronen Zeitung, Kurier, Standard und Salzburger Nachrichten in grossen Artikeln über die Defizite in der Versorgung der öffentlichen Bibliotheken und forderten Verbesserungen. – War das Medienecho schon letztes Jahr enorm, so konnten wir heuer durch gezielte Betreuung die Medienpräsenz verstärken: Die Zahl der redaktionellen Beiträge ist im Vergleich zum Vorjahr um unglaubliche 53 Prozent gestiegen! Medialer Rückenwind für unsere Anliegen, den wir dringend brauchen.

Ein riesiges, attraktives Veranstaltungsprogramm der Bibliotheken, gepaart mit einer professionellen Werbekampagne, ist das Erfolgsrezept von «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» – beide Teile sind für den Erfolg unabdingbar. Das Grundkonzept des Vorjahres wurde beibehalten, optimiert und erweitert. Dank der Unterstützung der Bundesländer konnten alle Bibliotheken mit einheitlich designten Plakaten, Foldern etc. ausgerüstet werden. Mithilfe unseres Hauptsponsors, des bm:ukk, konnten wir eine aufsehenerregende Inseratenaktion durchführen. Buchstäblich unbezahlbar war hierbei die Unterstützung von Stars wie Anna Netrebko, Marlies Schild, Benni Raich, Josef Hickersberger und Toni Innauer, die ohne Honorar für die Bibliotheken und das Lesen warben. Ebenfalls unbezahlbar sind für uns Werbespots im ORF, mit Unterstützung und in Partnerschaft mit dem ORF wurde dies 2007 möglich. An 15 Abenden wurden 25 Sekunden lang Österreichliest-Trailer gesendet. Die grösste Medienmaschinerie des Landes rührte kräftig die Werbetrommel für die Bibliotheken und das Lesen. – Eine feine Novität!

Zweifelsohne, «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek» ist 2007 gewachsen und hat noch an Attraktivität gewonnen: Zahlreiche Wirtschaftsbetriebe sponsern mittlerweile «Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek». Künstler, Sportler, Bischöfe, Landeshauptleute und Wirtschaftstreibende unterstützen uns. Neue Partner wollen nächstes Jahr mitmachen, und die deutschen Kollegen versuchen, «Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek» auf die Beine zu stellen. Wir können uns durchaus selbstbewusst freuen. Wir wissen aber auch, dass Leseanimation und Lobbying eine permanente Arbeit ist, sie hat schon längst wieder begonnen.

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Gerald Leitner

Geschäftsführer des BVÖ, Präsident der EBLIDA

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L’édition 2007 de la campagne menée en Autriche pour la promotion de la lecture et la fréquentation des bibliothèques a connu un très vif succès. Plus de 500 000 visiteurs ont fréquenté les quelque 4000 manifestations organisées dans les bibliothèques. La campagne a très bien été relayée par les différents médias du pays, ce qui a permis d’expliquer publiquement la situation de ces institutions. Devenu le plus grand festival de littérature et de lecture d’Autriche, cette rencontre est aussi un moyen pour développer une politique des bibliothèques. La ministre d’Etat Claudia Schmied, impressionnée par la campagne, a affirmé qu’une loi sur les bibliothèques, leur financement et le statut des bibliothécaires serait envisagée durant la présente législature. L’incontestable succès de cette édition est dû au soutien des Länder, des partenaires issus du monde économique et du principal sponsor, le Ministère fédéral de l’éducation, des arts et de la culture de l’Autriche. La présence à titre gracieux de stars, soit sur les affiches de la campagne, soit dans les manifestations, a grandement contribué à la réussite de l’action. Artistes, sportifs, évêques, responsables politiques et économiques soutiennent l’action qui vivra une édition 2008 encore plus attrayante. La satisfaction des organisateurs est aussi de faire des émules. Les bibliothécaires allemands envisagent également une telle manifestation.