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2008/3 Informationseinrichtungen und Sport

Das Winter!Sport!Museum! in Mürzzuschlag

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«Warum befindet sich das grösste Ski­ und Wintersportmuseum Österreichs in Mürzzuschlag? Warum ist es nicht in Kitzbühel oder am Arlberg?»

Ein kurzer Ausflug in die österreichische Skigeschichte

Es war um 1890, als der Skilauf aus den skandinavischen Ländern – langsam nach Mitteleuropa einsickernd – auch Österreich erreichte. Von den Schilderungen Fridtjof Nansens in seinem Buch «Auf Schneeschuhen durch Grönland»Nansen, Fridtjof: Auf Schneeschuhen durch Grönland. Band I und II. Hamburg 1891.motiviert, versuchten sich immer mehr «Brettlakrobaten» in der weissen Kunst. Zwei der ersten Anhänger des Skilaufs in unseren Breiten waren der Grazer Sportsmann Max Kleinoscheg und der Mürzzuschlager Hotelier Toni Schruf. Beide erkannten bereits sehr früh, dass der Skilauf die Möglichkeit für den Aufbau eines Fremdenverkehrs im Winter mit sich brachte. So wurden sie in verschiedenen Bereichen tätig und erklärten sich zu den «ersten Aposteln des neuen Sportes»1. In der Folge erwuchs in Mürzzuschlag eine gute Infrastruktur, und es wurde gemeinsam mit dem nahen Semmering zu einem der ersten Zentren des Ski- und Wintersportes in Österreich. Erst allmählich verbreitete sich der Skilauf auch ausserhalb der bürgerlichen Klientel, die durch ihre Möglichkeiten in finanzieller Hinsicht und genügend vorhandener Freizeit zuerst den Zugang fand. Verbesserte Verkehrsanbindung einerseits und Schneemangel bei so mancher Veranstaltung in tieferen Lagen im Osten Österreichs andererseits liessen in höher gelegenen Gebieten neue Skizentren entstehen. Dabei machte Franz Reisch für seine touristischen Tätigkeiten in Kitzbühel nachweislich bei diversen Veranstaltungen in Mürzzuschlag Anleihen, und Hannes Schneider gründete etwa zur gleichen Zeit am Arlberg eine Skischule wie sein Kollege Franz Skazel in Mürzzuschlag.

Das Mürzzuschlager Winter!Sport!Museum!

Genug Gründe für ein Ski- und Wintersportmuseum in Mürzzuschlag?

Dies befand jedenfalls der Gemeinderat von Mürzzuschlag und beschloss in seiner Sitzung vom 20. November 1947 unter Punkt 5 die Errichtung eines WintersportmuseumsNiederschrift der Gemeinderatssitzung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag vom 20. November 1947.. «Die Stadt Mürzzuschlag errichtet ein Wintersportmuseum mit dem Sitze in Mürzzuschlag. Dieses Museum ist Eigentum der Stadt. Die Aufgabe des Museums ist die Sammlung und Schaustellung: a) aller für die Entwicklung des Wintersportes wichtigen Sportgeräte, Erfindungen u. a., b) aller Geräte, die bei besonderen Anlässen verwendet wurden, c) der gesamten Wintersportliteratur, d) aller Vereins- und Festzeichen, Ehrenpreise, Plakate, Prospekte, Festschriften u. a., e) von Schanzenprofilen, Schlittenmodellen, Plänen von Eislaufplätzen, Rodelbahnen, Skiliften, f ) von Briefen berühmter Wintersportpioniere u. a.»

Nun ja, all den niedergeschriebenen Vorstellungen des Gemeinderats konnte in den 61 Jahren, die seit der Gründung des Museums bis heute vergangen sind, im Wintersportmuseum nicht nachgekommen werden, auch wenn sich der erste Museumsleiter Theodor Hüttenegger und seine Nachfolger sehr bemühten.

Zu einer der weltweit grössten Sammlungen auf dem Gebiet des Wintersportes hat es das Museum in Mürzzuschlag aber gebracht. Seit vielen Jahren ist Mürzzuschlag als Standort der Skigeschichte in der Fachwelt anerkannt. Neben der umfassenden Sammlung an Museumsobjekten ist vor allem die gut bestückte und immer wieder von Fachleuten besuchte Bibliothek erwähnenswert.

Seit September 2004 präsentiert sich das Winter!Sport!Museum! Mürzzuschlag im neuen Kleid. Nach vielen Jahren der Diskussion und des Planens wurde im Zentrum von Mürzzuschlag ein Neubau errichtet, der mit einem rauschenden Fest im Beisein zahlrei- cher Stars aus unterschiedlichen Wintersportdisziplinen und etwa 2500 Besuchern seiner Bestimmung übergeben wurde. FIS-Präsident Gianfranco Kasper nahm zusammen mit der steirischen Landeshauptfrau und dem Mürzzuschlager Bürgermeister die offizielle Eröffnung vor.

Im Anschluss öffneten sich die Tore des Museums, und es gab erstmals die Möglichkeit, auf ca. 1000 m2 alles rund um das Thema Berg und Wintersport zu erleben bzw. zu erfahren.

Die Ausstellungsinhalte

Werden durch verschiedene Inszenierungen, die zur aktiven Beschäftigung mit dem Thema einladen, Emotionen geweckt, so sorgen Originalobjekte mit erklärenden Texten für Wissensvermittlung.

Die Elemente Eis und Schnee bilden die Basis für den Wintersport, daher ist ihnen ein erster Bereich gewidmet. Über Gletscherspalten und vorbei an Lawinenhängen, die die Gefährlichkeit des Winters signalisieren, geht es weiter bis zum Eissee. Unterwegs erfährt der Besucher Wissenswertes über die Ursprünge des Skilaufes. Vorbei an den Bereichen Schlitten und Bob bzw. Eislauf und Eisstock wird jener Abschnitt erreicht, der Mürzzuschlag gewidmet ist. Hier wird, wie bereits einführend erwähnt, die Rolle unserer Heimatstadt als frühes Zentrum des Wintersportes in Mitteleuropa von unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Einen zentralen Punkt im Museum stellt eine alte Skihütte dar. Sie wurde nach Vorbild eines bereits ab 1898 auf einem Ausläufer der Fischbacher Alpen als Skihütte benutzten Getreidekastens nachgebaut. Auf der Terrasse der Hütte kann es sich der Besucher in Liegestühlen bequem machen. Das gegenüberstehende Iglu kann (nicht nur) von Kindern erforscht werden. Ausgeruht geht es dann weiter zum Bob, der zum Einsteigen einlädt und den Besucher auf eine rasante Fahrt durch den Eiskanal mitnimmt. Bevor beim Siegespodest wieder Selbstinitiative gefragt ist, sollte man sich noch die Snowboard- bzw. Tourenskifilme ansehen. Am Podest wird dann jeder selbst zum Star, umgeben von der tobenden Menge. Die Entwicklung des alpinen Skirennsportes repräsentieren einige Skistars, die als Puppen mit originaler Bekleidung dargestellt sind. Den Themen «Erfolg», «2. Karriere» und «Fanclubs und Vermarktung» sind eigene Vitrinen gewidmet. Nach einem Ausflug zum Eishockey und der Auseinandersetzung mit den Inhalten «Psyche», «Leistungsfähige Körper», «Doping», «Triumph und Tragödie» sowie «Behindertensport» geht es für den Besucher in das «Berg-Kino». Dort laufen packende Sequenzen aus den Bereichen «Hochgeschwindigkeitsskifahren», «Steilwandfahren», «Heliskiing» und «Freeriding». Durch den Bereich «Ökologie/technischer Schnee» wird der Besucher schliesslich wieder zu Eis und Schnee zurückgeführt.

Sonderausstellungen und ­veranstaltungen im Museum

Im Winter!Sport!Museum! steht ein ca. 160 m2 grosser Raum zur Verfügung, der sehr flexibel verwendbar ist. Immer wieder zeigen wir dort interessante Sonderausstellungen bzw. organisieren wir Sonderveranstaltungen wie Vorträge (vor allem aus den Bereichen Wintersport bzw. Alpinistik) oder Seminare.

Neben diesem Raum eignet sich die einzigartige Scheffelhütte mit ihrer gemütlichen Atmosphäre bereits als Veranstaltungsort von Besprechungen oder Feiern im kleinen Rahmen. Der mit Altholz originalgetreu nachgebaute Getreidekasten vom Bettelbauernhof nahe Mürzzuschlag wird im Tourenbuch des Hotels Post bereits ab 1898 als Skihütte ausgewiesen. Für Partnerfirmen ist es möglich, sowohl die Scheffelhütte als auch den Veranstaltungsraum für eigene Vorhaben zu nutzen.

Mit der neuen «Schmiraggelbahn» präsentiert sich das Winter!Sport! Museum! vor allem für Gruppen nun noch interessanter. Beim Sterz essen (Sterz ist ein mit Kartoffeln, Buchweizen [Heidensterz] oder Mais-Griess [Türkensterz] gekochtes einfaches Gericht der österreichischen Küche: Anmerkung der Redaktion) in der Scheffelhütte mitten im Museum kann die fürs «Schmiraggeln» («Eiskegeln») nötige Kraft und Energie getankt werden.

Gemeinsam mit dem Südbahn Kulturbahnhof, dem Brahmsmuseum, dem Roseggerstüberl und dem Kunsthaus Mürz hat sich das Winter!Sport! Museum! zu den Ausstellungswelten Mürzzuschlag zusammengeschlossen und bietet dem interessierten Besucher in der 9500 Einwohner umfassenden Bezirksstadt ein breites Kulturangebot.

Ein wichtiges Organ des Museums bzw. des 1993 gegründeten «Vereines der Freunde und Förderer des Wintersportmuseums» ist der «Museumsbote», eine Zeitschrift, die vier Mal im Jahr über Neuigkeiten im und um das Museum bzw. über wintersportgeschichtliche Themen informiert.

Reichhaltige Sammlung

Spezialisten werden in unseren reichhaltigen Depots fündig, ob im ehemaligen Museumsgebäude oder in unserem Hauptlager. Hier finden sich an die 5000 Paar Ski, ca. 2000 verschiedene Bindungen – die grösste Bindungssammlung der Welt, ca. 500 Rodel, Schlitten und Bobs, 500 Paar Schuhe, Bekleidung, Stöcke, Skibobs, Eisstöcke, Plakate, Bilder und vieles mehr.

Die genaue Anzahl unserer Objekte lässt sich bisher noch nicht klar angeben, da die Inventarisierung der Objekte noch nicht abgeschlossen werden konnte.

Aus der Fülle an Objekten lassen sich auch immer wieder externe Ausstellungen bestücken. So zeigten wir etwa anlässlich der Olympischen Winterspiele in Nagano/Japan im Österreicherhaus eine Ausstellung mit 500 Objekten, im Rahmen der 50. ISPO in München waren wir ebenfalls mit zahlreichen Objekten vertreten. 2005 luden wir gemeinsam mit einem Partner an zentraler Stelle in Wien ins «Vienna Art Center» zur Ausstellung «Winterwelten».

Das internationale Parkett

Möglichkeiten zu internationalen Kontakten ergeben sich vor allem anlässlich von skihistorischen Konferenzen und Ski-Museen-Treffen. Im Jahre 2004 waren wir selbst Gastgeber einer skihistorischen Konferenz mit Museen-Treffen, bei der sich auch der Weltskiverband stark engagierte. Diese skihistorische Konferenz der FIS hier in Mürzzuschlag gehabt zu haben, bedeutet für unsere Heimatstadt eine grosse Ehre, fand diese Veranstaltung unter FIS-Beteiligung bisher doch erst zwei Mal statt – beide Male in Hauptstädten in Nordeuropa: 1998 in Oslo und 2001 in Helsinki/Lahti. Im Jahre 2001 haben Vertreter der FIS dann Mürzzuschlag mit der 3. Konferenz der Skihistoriker betraut, wobei dieser Zuschlag die Bedeutung unseres Museums in Kombination mit der langen Wintersporttradition hervorhebt. Zu dieser Konferenz haben sich rund 70 Fachleute aus 19 verschiedenen Ländern eingefunden.

Das Nostal!Ski!Team!

Im Jahre 1997 wurde das Mürzzuschlager Nostal!Ski!Team! als eine Aktivitätsschiene des Winter!Sport!Museum! Mürzzuschlag gegründet. Seither wächst der Bekanntheitsgrad ständig, hatten die mittlerweile ca. 25 Mitglieder des Teams doch Auftritte bei zahlreichen Veranstaltungen im In- und Ausland (u.a. bei Europacup- bzw. Weltcupveranstaltungen), darunter die «Austrian Ski Week» in der grössten Skihalle der Welt in Dubai.

Als Veranstalter führt das Nostal! Ski!Team! seit Jahren erfolgreich den «Grand Prix Nostalski» in Mürzzuschlag durch, der mittlerweile als eine internationale Nostalski-Veranstaltung Anklang findet.

Der Grundgedanke ist es dabei, den interessierten Zusehern die verschiedenen Stilarten des alpinen Skilaufs von den Anfängen in Mitteleuropa um 1890 bis zur Wedeltechnik der 1950er Jahre mit Originalausrüstung (aus dem Museum) näherzubringen. Dabei wurde auch nach originaler Vorlage die jeweils passende Skibekleidung nachgeschneidert. Grossen Wert wird dabei auf Authentizität gelegt.

Wer am Nostalski-Gedanken ein- mal teilhaben möchte bzw. den Wintersport einmal anders erleben will, kann an geführten Nostalskitouren teilnehmen, die das Museum gemeinsam mit einem staatlich geprüften Berg- und Skiführer auf teilweise Originalrouten der Skipioniere in den Bergen um Mürzzuschlag anbietet. Dabei wird ebenfalls Originalausrüstung aus dem Museum verwendet, frei nach dem Motto «Back to the roots!». 

Auszeichnungen motivieren für die Zukunft

Nachdem im Jahre 1998 bereits der Weltskiverband das Mürzzuschlager Winter!Sport!Museum! als «FIS-Museum» ausgezeichnet hat, kann sich das Museum seit 2005 auch mit dem österreichischen Museumsgütesiegelschmücken. Zwei Auszeichnungen, die anspornen, die motivieren.

Durch Aktivität soll weiterhin die Attraktivität im und um das Museum gesteigert werden.

Nicht aber ohne den musealen Hintergrund im Auge zu behalten und uns auf unsere lange Tradition zu besinnen.

Im Sinne Gustav Mahlers «Tradition ist nicht die Ausbeutung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers» wollen wir immer wieder zurückschauen und dabei aber nach vorne schreiten.

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Mag. Hannes Nothnagel

Museumsleiter

  • 1 In: Schruf, Anton: Gedenkschrift an die Einführung des Skilaufens in den österreichi­schen Alpenländern. Mürzzuschlag o.J.

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Le ski de fond, venu de Scandinavie, a atteint l’Autriche dans les années 1890; l’hôtelier de Mürzzuschlag, Toni Schruf, y a vu la possibilité de développer un nouveau tourisme hivernal. Une belle infrastructure s’est alors développée dans la localité. Le ski de fond est devenu une nouvelle attraction pour les stations alpines.

Le Musée des sports d’hiver, propriété de la ville et dont la construction a été décidée en 1947, a fait l’objet d’une rénovation complète en 2004. Il offre actuellement un fascinant univers de découverte présentant de façon attractive, sur 1000 m2, une foule d’informations. Des origines du ski à Mürzzuschlag aux glaciers et aux avalanches, sans oublier l’ambiance authentique d’une cabane alpine centenaire. Le musée offre un pa­norama des multiples activités hivernales, de leurs joies et de leurs dangers. Si l’inven­taire des objets n’est pas encore terminé, le musée peut déjà annoncer posséder 5000 paires de skis, environ 2000 fixations différentes, quelque 500 luges, traîneaux et bobs, 500 paires de souliers de skis, des vêtements, etc. La bibliothèque du musée est très bien garnie et permet un accès aux documents les plus riches sur les sports d’hiver.

Le musée offre également, sur une surface de 160 m2, la possibilité d’organiser des expositions spéciales, des forums ou des séminaires consacrés à l’alpinisme. Le musée a ainsi accueilli en 2001 la 3e Conférence de l’histoire du ski organisée par la FIS. La Fondation des amis du musée publie une revue trimestrielle qui informe sur les nouveautés liées aux activités du musée et au domaine des sports d’hiver. Reconnu en 1998 comme «musée FIS», puis ayant obtenu le label de qualité de musée autrichien, le Musée des sports d’hiver peut voir l’avenir avec confiance.

Ville de 9500 habitants, Mürzzuschlag peut se vanter d’avoir une vaste offre culturelle, avec le Musée Brahms, le Musée des sports d’hiver et la Gare de la culture.