Informationskompetenz von nah und fern
Studierenden zur Befähigung zur Generierung wissenschaftlicher Arbeiten zu verhelfen, ist eine grosse Herausforderung an Fachhochschulen. Eine wichtige Vermittlungsrolle nimmt hierbei die Bibliothek ein. Neben einem klassischen Schulungsangebot setzt die HTW Chur Bibliothek heute vor allem auf den Blended-Learning-Ansatz mit dem Ziel, dank der Online-Lernplattform Moodle, Studierende orts- und zeitunabhängig und individuell nach Bedarf unterstützen zu können.
Gelebte Informationskompetenz an der HTW Chur
Mit der Vermittlung von Informations- kompetenz wird den Fachkräften der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur ein grosser Auftrag erteilt, denn Gapski & Tekster (2009, zit. in Hanke, Straub & Sühl Stromenger, 2013, S. 3) bezeichnen Informationskompetenz als «[...] eine Schlüsselqualifikation, die auf den basalen Fertigkeiten des Lesens und Schreibens aufbaut und dann in der weiterführenden Schule, im Studium, in der Berufsbildung und in der Weiterbildung gefestigt und weiter entwickelt werden muss». Auch wenn die Befähigung zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten an der HTW Chur je nach Studienrichtung unterschiedlich gefordert und gefördert wird, resultieren sämtliche Bachelor-Studiengänge in einer Bachelor-Arbeit, welche nach wissenschaftlichen Kriterien verfasst werden muss. Im Prozess der Vermittlung von Informationskompetenz gilt es für die Bibliothek daher, die Studierenden, aber auch die Dozierenden nach Kräften zu unterstützen.
Die Rolle der HTW Chur Bibliothek in der Vermittlung von Informationskompetenz
Die HTW Chur Bibliothek sieht sich selbst in der Rolle der Dienstleisterin: Einerseits stellt sie ein klassisches Medienangebot zur Verfügung und verhandelt Lizenzverträge mit Anbietern von digitalen Informationsressourcen. Anderseits – und diese Aufgabe nimmt in Anbetracht der wachsenden Vielfalt von Zugängen zu Informationsressourcen an Relevanz stetig zu - liegt ein Schwerpunkt der Bibliothekstätigkeit in der Vermittlung von Informationskompetenz, ausgeführt in drei Ebenen:
– Schulungen und Einführungen
– Persönliche Beratung
– Selbststudium mithilfe der digitalen Lernplattform Moodle
Bei der Vermittlung von Informationskompetenz geht es gemäss Sühl-Stromenger (2012, S. 24) «indes nicht nur um Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit den Angeboten einer bestimmten Bibliothek oder einer speziellen Datenbank, im Sinne von Bedientechniken, sondern wesentlich um das Erlernen von grundlegenden Strategien der Informationspraxis im Kontext des Lebenslangen Lernens». Dies erkannte auch die HTW Chur Bibliothek, welche früher den Schwerpunkt auf Einführungen und persönlicher Beratung legte, und entschloss sich, dass das Angebot erweitert werden muss.
Auf der Grundlage des Konzepts DIAM-DOND, welches nach Böller, Bauer & Hierl (2009, S. 19) «eine Online-Umgebung mit einem Blended Learning Ansatz, der die Gestaltung unterschiedlicher Lernszenarien ermöglicht», rief die Bibliothek ein fakultatives Schulungsangebot ins Leben, bei welchem Studierende über Mittag oder am Abend kompakt in 45 Minuten über ein bestimmtes Recherchethema, zum Beispiel Recherchestrategie oder Fachdatenbanken, informiert werden. Das Konzept dieses Angebots wurde in den letzten Jahren laufend überarbeitet und weiterentwickelt, dennoch blieb der Zulauf gering. Studierende sehen oft keinen Bedarf, zusätzlichen Aufwand auf sich zu nehmen, welcher keinen direkten Nutzen in Form von ECTS-Punkten bringt. Zudem stellen Hanke, Straub & Sühl Stromenger (2013, S. 1) als Nachteil von Schulungen fest, dass sie häufig «[...] punktuell und einmalig [...]» stattfinden und «[...]eine heterogene, starken Schwankungen unterworfene Teilnehmerstruktur haben und in der Bibliotheksumgebung, also unter <Laborbedingungen> stattfinden». Der Umstand, dass im Benutzungsdienst oft gerade diejenigen Fragen gestellt werden, welche an den Schulungen beantwortet werden würden, zeigt, dass zwar Bedarf nach Unterstützung vorhanden ist, freiwillige Schulungen diesen aber nicht abdecken können.
Der Trend zum E-Learning
Ergänzend zu den Schulungen und der persönlichen Beratung arbeitet die HTW Chur Bibliothek seit 2012 mit einem eigenen Kurs in der Online-Lernplattform Moodle, der «Recherchier- Bar». Konzipiert und in einer ersten Version realisiert wurde die Plattform im Rahmen eines Fachpraktikums. Hintergrund zum Entscheid eines Online-Tutorials ist nicht nur, den Studierenden eine breitere Palette von Hilfestellung anzubieten. Die HTW Chur trägt den aktuellen Trends in Bildung und Weiterbildung bereits seit Jahren Rechnung, indem sie neben dem klassischen Angebot von Vollzeit-Bachelor-Studiengängen auch Teilzeitstudien – in Chur, aber auch an anderen Standorten – wie auch diverse Weiterbildungen in Form von MAS, EMA, CAS, etc. anbietet. Während Vollzeitstudierende in der Regel an drei bis vier Wochentagen auf dem Campus unterrichtet werden, sind Teilzeitstudierende und Teilnehmende von Weiterbildungen unregelmässig, teilweise sogar nur an zwei Terminen pro Semester, in Chur anwesend. Speziell um diese Benutzergruppe zu bedienen, aber auch um Studierende generell rund um die Uhr betreuen zu können, arbeitet die HTW Chur Bibliothek mit Moodle. Denn nicht nur beim Medienangebot gilt es, einen orts- und zeitunabhängigen Zugriff zu gewährleisten, sondern auch in der Unterstützung bei der Benutzung ebendieser.
Schulungen bleiben erhalten
Doch auch wenn die Recherchier-Bar zu einem Herzstück der Vermittlung von Informationskompetenz geworden ist – die HTW Chur Bibliothek setzt weiterhin auf die Kombination der drei genannten Vermittlungsarten, das Blended Learning. Das Konzept des Blended Learning, vgl. Hanke, Straub & Sühl-Stro- menger, 2013, S. 55–57 ermöglicht nicht zuletzt eine individuelle Unterstützung der Studierenden, ohne dass sich das Bibliothekspersonal persönlich um die Anliegen aller Studierenden kümmern muss – was die personellen Ressourcen ohnehin nicht zulassen würden (Hanke, Straub & Sühl-Stromenger, 2013, S. 117). Wie in der persönlichen Beratung besteht auch bei Moodle eine Holschuld seitens der Studierenden. Erfahrungen zeigen, dass viele Studierende jedoch zu wenig Kenntnis über das Angebot des Online-Tutorials – ja sogar von dessen Existenz! – besitzen. Die Aufklärung und Aufforderung zur Nutzung der Recherchier-Bar muss deshalb seitens der Bibliothek weiter angestossen und auch von den Dozierenden adaptiert werden. Der persönliche Kontakt ist dabei ein zentraler Faktor, mehr noch: Dessen Verzahnung mit Selbstlernmöglichkeiten muss gefestigt und ausgebaut werden. Um eine möglichst breite Streuung zu erreichen, ist es unabdingbar, dass die Bibliothek nicht nur als Randfigur mit einem eigenen, fakultativen, Schulungsangebot fungiert, sondern sich als konstanter Partner in der Lehre etablieren und innerhalb des Curriculums in Form von Gastreferaten in Kontakt zu den Studierenden treten kann.
Die Recherchier-Bar – Wandel als Konstante
Erfahrungswerte und Rückmeldungen aus den ersten Jahren mit der Recherchier-Bar haben Lücken und Verbesserungspotenzial aufgezeigt. Bei einem grossen Relaunch im Sommer 2014 wurde vermehrt die Sicht der Studierenden einbezogen. Punktuell wurden Dozierende und Studierende nach ihren Bedürfnissen und der Bewertung von Moodle befragt und die Struktur der «Recherchier-Bar» entschlackt: Nach dem Prinzip «wenig ist mehr» finden sich nun die Grundlagen kompakt und für Studierende aller Fachrichtungen verständlich aufbereitet auf der E-Learning-Plattform, auf weiterführende Information wird mit Links auf externe Seiten verwiesen. Denn Moodle soll keine Selbstdarstellungsbühne und auch keine Forschungsplattform sein, sondern ein Erste-Hilfe-Tool für Studierende und Forschende. Des Weiteren wurde im Sinne der Internationalisierung der deutschsprachige Auftritt auf der Lernplattform um ein ebenbürtiges Angebot mit der «Research-Bar» in englischer Sprache ergänzt.
ImlaufendenHerbstsemester2014/2015 wird sich nun zeigen, ob die neu gestalteten Plattformen ihren Zweck erfüllen. Ein regelmässiger und intensiver Austausch mit den Nutzern der «Recherchier-Bar» und der «Research-Bar» steht daher neben einer intensiven Bewerbung des Angebots im besonderen Fokus.
Literatur
– Böller, Nadja, Bauer, Lydia & Hierl, Sonja (2009). DIAMOND – Didactical Approach for Multiple Competence Development. Churer Schriften zur Informationswissenschaft Schrift 35. Chur: Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Abgerufen am 21.09.2014 von
– www.htwchur.ch/uploads/media/CSI_35_Bauer_Boeller_Hierl.pdf – Hanke, Ulrike, Straub, Martina & Sühl Stromenger, Wilfried (2013): Informationskompetenz professionell fördern. Ein Leitfaden zur Didaktik von Bibliothekskursen. Praxiswissen. Berlin: De Gruyter Saur.
– Sühl-Strohmenger, Wilfried (2012). Teaching Library. Förderung von Informationskompetenz durch Hochschulbibliotheken. Berlin: De Gruyter.
Weiterführende Links
– http://moodle.htwchur.ch/ --> Recherchier-Bar
– http://moodle.htwchur.ch/?lang=eng --> Research-Bar
Résumé
- Français
Aider les étudiants à fournir des travaux scientifiques est un des gros défis des hautes écoles spécialisées. La bibliothèque joue un rôle majeur dans ce contexte. Outre une offre de formation classique, la bibliothèque de la HTW de Coire mise surtout aujourd’hui sur l’approche dite des méthodes d’apprentissage mixte dont le but est de soutenir, grâce à la plateforme en ligne Moodle, les étudiants dans leurs recherches, et ce, de manière individuelle et indépendante du temps et du lieu.