Zusammenarbeit in der Berufsausbildung. Beispiel Ausbildungsverbund Luzern
Auf dem Platz Luzern arbeiten Institutionen aus dem Archiv-, Bibliotheks- und Dokumentationsbereich seit der Schöpfung der I+D-Berufsausbildung zusammen. Sie tun dies nicht als vertraglich geregelter Ausbildungsverbund, sondern in pragmatischer Zusammenarbeit. Die Praktika der Lernenden ausserhalb ihres Ausbildungsbetriebs werden als Einzelfälle vertraglich geregelt. Grundlage dieser Zusammenarbeit ist gegenseitige Wertschätzung, eine Kultur kurzer Wege ohne bürokratische Hindernisse und der gemeinsame Wille, die Lernenden nicht nur als billige Arbeitskräfte anzusehen. Über die Jahre hat sich so ein Netzwerk herausgebildet, das flexibel auf Angebote und Nachfrage eingehen kann.
Dieses Netzwerk beschreiben nachfolgend sechs Autorinnen und Autoren aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln: aus der Sicht von vier Institutionen aus dem Gebiet der Stadt Luzern; und nicht zuletzt schildern eine gegenwärtig Lernende und ein Ehemaliger ihre persönlichen Erfahrungen.
Gregor Egloff, Staatsarchiv Luzern
contact: gregor.egloff@lu.ch
Fremdpraktika gestern und heute
Regula Egger Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern
Fremdpraktikum – das Wort war in der ZHB Luzern bereits zu Ausbildungszeiten der DiplombibliothekarInnen sehr geläufig. Speziell die enge Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Luzern ist eine jahrzehntealte Tradition. Gegenseitige Einblicke und Kurzpraktika sowie gemeinsame Prüfungsvorbereitungen sind bewährte Gepflogenheiten. Mit der neuen Berufslehre der I+D-AssistentInnen sah sich die ZHB in diesem Usus bestätigt. Allerdings: Waren die früheren Fremdpraktika primär auf Bibliotheken eines anderen Typs ausgerichtet, galt es jetzt, Einblicke in die Bereiche Archiv und Dokumentation zu ermöglichen.
Archivbereich
Bei der Auswahl der Praktikumsorte im Archivbereich klopfte die ZHB erfolgreich beim Staatsarchiv und beim Stadtarchiv Luzern an. Während das Staatsarchiv seit Beginn regelmässig an der I+D-Ausbildung beteiligt ist, steigt das Stadtarchiv nach einem längeren Unterbruch demnächst wieder ein.
Als weiterer Archivpraktikumsort hat sich die Denkmalpflege des Kantons Luzern etabliert, wo inzwischen eine in der ZHB ausgebildete I+D-Assistentin arbeitet.
Ein spezielles Fremdpraktikum fand zudem im Museum im Bellpark in Kriens statt. Eine Lernende aus dieser Vorortsgemeinde konnte im Rahmen ihres Einsatzes einen fotografischen Nachlass heimatkundlichen Inhalts erschliessen, bei dem Ortskenntnisse unabdingbar waren. Ebenfalls aufgrund der geografischen Nähe zum Wohnort kam ein Fremdpraktikum im Docuteam Baden zustande.
Dokumentationsbereich
Die Berufsberatungsstellen mit ihren Informationszentren sind eine gute Gelegenheit, eine spezialisierte Dokumentationsstelle kennen zu lernen, die zudem mit einer gesamtschweizerisch einheitlichen Systematik arbeitet.
Die SUVA und das Verkehrshaus sind ebenfalls mehrfach als Fremd- praktikumsorte in Erscheinung getreten. Bei beiden Betrieben ist typisch, dass sowohl die Bereiche Dokumentation als auch Archiv eine wichtige Rolle spielen und natürlich auch eine fachspezifische Bibliothek vorhanden ist. Als mögliche spätere Einsatzorte für I+D-AssistentInnen sind solche Institutionen gerade deshalb besonders spannend. Dies gilt natürlich auch für zwei andere erprobte Fremdpraktikumsorte, nämlich das Schweizer Radio DRS (Abteilung Dokumentation und Archive, Studio Zürich) und die Fachstelle für Suchtprävention in Luzern.
Bibliotheksbereich
Abgesehen von den Praktika im Archiv- und Dokumentationsbereich kommen je nach Interesse und Möglichkeit auch Einsätze in anderen Bibliotheken in Frage. Bereits erwähnt wurde die Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek. Ebenso selbstverständlich sind Einblicke in Bibliothekseinrichtungen der Universität Luzern. Auch mit anderen Bibliotheken innerhalb des IDS Luzern konnten in der Vergangenheit verschiedene Praktika durchgeführt werden, namentlich mit der Musikhochschule und der Hochschule für Gestaltung und Kunst.
Im Rahmen des Machbaren bietet umgekehrt auch die ZHB Praktika für Lernende und Praxisjahrleute aus anderen I+D-Betrieben an. Oft geht es dabei um schwerpunktmässige Einblicke in bestimmte Bereiche, z. B. die Fernleihe oder das Magazin.
Organisation Fremdpraktika
Im Lehrvertrag hält die ZHB fest, dass Praktika von je vier bis sechs Monaten in einem Archiv und einer Dokumentationsstelle im zweiten Lehrjahr organisiert werden. Es kommt ausnahmsweise vor, dass ein Fremdpraktikum erst im dritten Lehrjahr stattfindet oder bereits während des ersten Ausbildungsjahres startet. Wird ein bestimmter Betrieb ins Auge gefasst, der auch für die auszubildende Person in Frage kommt, nimmt die Berufsbildnerin den ersten Kontakt auf. Nach einem zustimmenden Echo folgt ein gemeinsamer Besuch. Die beteiligten Personen lernen sich so kennen, und es wird ein Einblick in Aufgaben und Tätigkeiten der Institution möglich. Wenn diese Eindrücke allseits positiv sind, geht es um die Absprache von Praktikumsdauer, Ausbildungszielen, Arbeitszeit usw., die in einer schriftlichen Ausbildungsvereinbarung festgehalten werden. Dort steht z.B. auch, dass der Lernendenlohn während des Praktikums durch die ZHB ausgerichtet wird und der Fremdbetrieb seinerseits auf eine Vergütung der Ausbildungsaufwendungen verzichtet. Zudem wird festgelegt, dass vom Fremdbetrieb ein Praktikumsbericht und von der auszubildenden Person ein Lernjournal zu verfassen sind. Die Ausführlichkeit des Praktikumsberichtes kann von der einfachen Auflistung der ausgeführten Arbeiten bis zum umfassenden Arbeitszeugnis reichen und stellt ein wichtiges Dokument für spätere Bewerbungen dar. Das Lernjournal andererseits ist Teil des Arbeitsbuches, welches die Lernenden für sich selber führen.
Die ausgehandelte Praktikumsvereinbarung wird von beiden Betrieben sowie von der auszubildenden Person unterzeichnet. Zusätzlich muss gewährleistet sein, dass der Fremdbetrieb wichtige Informationen wie Schultage, Ferien, Termine von Einführkungs- kursen usw. mitgeteilt bekommt.
Praktikumsinhalt
In der Ausbildungsvereinbarung wird festgehalten, dass die im Modell-Lehrgang definierten Arbeitsbereiche am Fremdpraktikumsort durch aktive Mitarbeit kennen gelernt werden sollen. Dies geschieht durch den Einsatz bei alltäglichen sowie projektbezogenen Aufgabenstellungen. Es hat sich bewährt, dass die Lernenden zu Beginn des Praktikums in eine zuvor abgesprochene Arbeit eingeführt werden und diese dann als «Sockelarbeit» möglichst selbstständig während der ganzen Einsatzzeit ausführen können. Beispiele: die Revision eines bestimmten Bereiches oder die Erschliessung eines (Teil-)Bestandes oder die Überführung von analog vorhandenen Informationen in eine elektronische Datenbank.
Daneben sollen auch die Kernaufgaben und Sammelbereiche sowie die wichtigsten Arbeitsabläufe des I+D-Betriebes anschaulich vermittelt werden. Je nach Gebiet sind dazu auch mehr oder weniger ausführliche Theorieblöcke notwendig. Die Themen können dabei vom Entziffern alter Schriften bis zum Gebrauch einer neu installierten Datenbank gehen.
Terminkoordination
Die terminliche Fixierung eines Fremdpraktikums hängt – innerhalb des vorgegebenen Rahmens – häufig primär vom Fremdbetrieb ab und bedingt zwangsläufig eine gewisse Flexibilität seitens des Lehrbetriebes. Eine Koordination mit dem Zeitpunkt der entsprechenden Schulstoffvermittlung würde den Auf- wand unverhältnismässig erhöhen. Die Tatsache, dass die Praxis so manchmal vor der Theorie erlernt wird, hat sich bislang nicht als Problem erwiesen.
Betreuung
Die Ausmasse des Betreuungsaufwandes während eines Fremdpraktikums sind nie genau vorhersehbar. Unsicher ist auch, wie sich die «Chemie» zwischen den fremden AusbildnerInnen und der auszubildenden Person entwickelt. Die Position als alleinige Auszubildende ohne ratgebenden «Oberstift» oder unterschiedliche Ansichten betreffend Outfit können zu Verunsicherungen und Diskussionen führen. Bei auftauchenden Problemen ist es wichtig, dass die direkt beteiligten Personen miteinander reden können und gegebenenfalls auch die Berufsbildnerin rechtzeitig beigezogen wird. Diese muss ihrerseits sicherstellen, dass der Informationsfaden zum Lehrbetrieb auch während des Fremdpraktikums nie abreisst.
Feedback
Plötzlich Dokumente entsorgen zu müssen, stellt für Lernende aus einer Archivbibliothek eine ganz neue Erfahrung dar. Die entrüstete Rückmeldung, dass ohne schriftlich vorliegendes Regelwerk erschlossen wird, lässt erkennen, dass ein berechtigter Berufsstolz und entsprechende Qualitätsansprüche am Wachsen sind.
Grundsätzlich überwiegen allseits die positiven Rückmeldungen. Ein Arbeitsangebot nach Lehrabschluss im ehemaligen Fremdpraktikumsbetrieb ist der bislang offenkundigste Beweis der gegenseitigen Wertschätzung.
Fazit
Das Kennenlernen der anderen I+D-Bereiche und die Verknüpfung von (schu- lischer) Theorie mit erlebter Arbeitspraxis sind die wichtigsten Ziele der Fremdpraktika. So kann 1:1 erkundet werden, in welche Richtung das spätere Berufsleben gehen soll.
Und schliesslich: Nebst den Fachkompetenzen (Know-how), die in einem Fremdpraktikum vermittelt werden, geht es für die Lernenden auch darum, erste eigene Kontakte im Netzwerk der I+D-Welt (Know-who) knüpfen zu können.
contact: regula.egger@zhbluzern.ch
Grundsätzlich war es eine sehr lehrreiche Zeit
Simon Roth Student Ehemaliger I+D-Assistent
Die Lehre zum I+D-Assistenten absolvierte ich von 1999 bis 2002, und ich gehörte somit zum zweiten «Jahrgang» der I+D-Assistenten überhaupt. Vieles war noch nicht so, wie man sich dies wohl vorstellte, insbesondere die Schule war auf einem eher bescheidenen Niveau. Umso wichtiger war es deshalb für mich, durch den Betrieb (in meinem Fall die ZHB Luzern) umfassend ausgebildet zu werden. Dies wurde meiner Meinung nach besonders dadurch erreicht, dass ich insgesamt während beinahe einem Jahr in verschiedenen Betrieben ausserhalb der ZHB arbeitete.
Ich absolvierte je ein Praktikum im Staatsarchiv Luzern (3 Monate), im Bildungsinformationszentrum (6 Monate) und in der Stadtbibliothek Luzern (2 Monate). Durch diese Kombination von wissenschaftlicher Bibliothek, allgemein öffentlicher Bibliothek, Archiv und Dokumentation war es überhaupt erst möglich, die gesamte Breite des Berufsbildes I+D-Assistent zu erfassen, die durch die Schule ansonsten nur höchst mangelhaft vermittelt worden wäre.
In sämtlichen Betrieben wurde ich sehr gut aufgenommen und fühlte mich auch immer sehr wohl. Es war auch nie so, dass ich als einfacher Praktikant die Arbeit bekam, die sonst niemand machen wollte, auch wenn es natürlich ab und zu und wie überall Arbeiten gab, die nicht gerade zu den Spannendsten gehörten. Grundsätzlich war es aber eine sehr lehrreiche Zeit.
Im Berufsinformationszentrum lernte ich neben der dokumentationsspezifischen Informationsverwaltung beispielsweise auch die im Vergleich zu einer Bibliothek wesentlich stärker in Richtung Beratung gehenden Kundenkontakte kennen. Das Staatsarchiv war wiederum etwas völlig Neues. Ich ging mit auf Aktentransporte, an eine vorarchivische Besprechung, erschloss Akten der Fremdenpolizei und einiges mehr. In der Stadtbibliothek lernte ich das Funktionieren einer Gemeindebibliothek kennen, welche Anforderungen hier an das Katalogisieren gestellt werden, nach welchen Kriterien Bücher angeschafft werden und so weiter. Diese Beispiele sind nicht abschliessend, sondern sollen zeigen, weshalb ich die Fremdpraktika sowohl wichtig wie auch interessant fand und immer noch finde.
Für die Abschlussprüfung allerdings konnte ich nicht allzu viel des in den Praktika Gelernten verwenden, da sich die Prüfung eher dem Niveau der Schule anpasste.
In sämtlichen Betrieben erhielt ich am Ende des Praktikums ein Arbeitszeugnis. Diese Zeugnisse waren teilweise ziemlich ausführlich und können wohl auch bei der Arbeitssuche recht nützlich sein. Für die Arbeitssuche ist wohl auch hilfreich, dass nicht nur der oder die PraktikantIn verschiedene Betriebe kennen gelernt hat, sondern dass auch das Umgekehrte der Fall ist. So ist es mir heute wohl nicht zuletzt dank des Praktikums während meiner Lehre möglich, neben meinem Studium noch im Staatsarchiv zu arbeiten.
Insgesamt bin ich der Meinung, dass es wohl keinen Betrieb gibt, der sämtliche Aspekte der I+D-Lehre abdecken kann. Deswegen sind mehrere Praktika von genügend langer Dauer unbedingt nötig, und diese Vielfalt macht auch einen Teil der Attraktivität der Lehre aus. Es ist zudem wohl weder möglich noch sinnvoll, fehlende praktische Ausbildungsteile von den Betrieben an die Schule zu delegieren – auch wenn diese, so hoffe ich zumindest, seit meiner Zeit gewisse Fortschritte gemacht hat.
contact: simon.roth@lu.ch
Es motiviert einen, wenn man bei den richtigen Arbeiten dabei sein darf
Romina Burch Lernende I+D-Assistentin
Die Möglichkeit, während der Lehre verschiedene Praktika absolvieren zu können, ist eine gute Sache. Man sammelt Erfahrungen für die Zukunft und wirft einen Blick in andere I+D-Stellen. Auch in unserem Betrieb gehören mehrmonatige Praktika in je einer Dokumentationsstelle und einem Archiv zur Ausbildung. Meistens werden diese Praktika im zweiten Lehrjahr durchgeführt, was bedeutet, dass man die meiste Zeit dieses Jahres ausserhalb des Lehrbetriebes verbringt. Bei uns dauern die Praktika teilweise bis zu einem halben Jahr, was ich als sehr sinnvoll empfinde. Denn je länger das Praktikum geht, desto mehr Erfahrungen kann man sammeln.
Dass ein längeres Praktikum aber nicht immer unbedingt besser sein muss, habe ich selbst spüren müssen/dürfen. Man hatte in dem Praktikumsbetrieb Probleme mit meinem Äusseren, d.h. mit meinem Piercing und dem Tattoo. Da kann einem ein halbes Jahr sehr lange vorkommen. Trotzdem habe ich das Praktikum abgeschlossen und bin sehr froh um die Erfahrungen, die ich dort machen konnte. Schliesslich kann einem das immer wieder passieren, und es ist gut, wenn man eine solche Situation schon so früh in der Ausbildung erleben kann.
Ich finde jedoch, man sollte, wenn man im Sinn hat, Praktikanten bei sich aufzunehmen, von Anfang an klarstellen, was akzeptiert wird und was nicht – gerade auf Äusserlichkeiten bezogen. Sowieso ist eine gute Kommunikation zwischen dem Praktikanten und der Betreuungsperson sehr wichtig, habe ich gemerkt, denn sonst könnten vielleicht nach und nach Probleme auftauchen.
Abgesehen davon habe ich bisher jedoch sehr gute Erfahrungen in meinen Praktika gemacht. Ich wurde stets von Anfang an in die Teams und die Arbeitsabläufe eingespannt, und das ist auch richtig so. Es motiviert einen, wenn man eben nicht wie ein/e Praktikant/in behandelt wird, sondern bei den richtigen Arbeiten dabei sein darf.
Um einen Rundumeinblick in den Betrieb werfen zu können, ist es gut, wenn man die Arbeiten verschiedener Abteilungen oder Bereiche erledigen kann. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch die Theorie (z.B. Einführungen in die verschiedenen Abteilungen) nicht zu kurz kommen darf und ausserdem eine willkommene Abwechslung ist. Für mich sind solche Führungen sehr interessant, denn ganz abgesehen von den Arbeiten der jeweiligen Bereiche erfährt man dabei auch andere spannende Hintergründe zum Betrieb.
Leider werden solche Fremdpraktika nicht in allen I+D-Stellen als so wichtig gewertet, wie ich von meinen Klassenkameraden erfahren habe. Teilweise bestanden diese Praktika aus einer Zeitspanne von vielleicht einer Woche, wobei man das eher als Schnuppern bezeichnen könnte. Andere berichteten, dass sie während ihres Aufenthaltes in einem fremden Betrieb keine wirklich lehrreichen Arbeiten ausführen konnten; viele waren dann die «Bimbos» und wurden als billige Arbeitskräfte genutzt, und dafür ist ein Fremdpraktikum nun wirklich nicht gedacht.
Die meisten berichten jedoch, dass sie gute Erfahrungen machen durften, und sind froh um die abgeschlossenen Praktika, welche zum Teil ein ganzes Jahr dauerten.
Trotzdem ist es sehr schade, dass es von manchen anderen Stellen als unwichtig angesehen wird, die Lernenden in andere Betriebe loszuschicken. Ich denke, auch für die Lehrbetriebe selbst ist es sehr angenehm, wenn ihre Auszubildenden mit ihrem erworbenen Knowhow auch mal aushelfen können.
Aus meinen Erfahrungen kann ich eigentlich nur Positives über die Idee der Fremdpraktika sagen. Die Chance, schon während der Ausbildung andere Zweige der I+D-Landschaft zu erkunden, sollte man nutzen können.
Ausserdem kann man sich nicht nur fachliches Wissen aneignen, sondern lernt auch, sich schnell anzupassen, umzugewöhnen und flexibel zu sein. Ich habe zum Beispiel während meines Praktikums im Archiv gemerkt, dass mir die Arbeiten dort sehr zusagen, was mir natürlich das Grübeln über meine zukünftigen beruflichen Pläne ungemein erleichtert hat.
contact: romina.burch@zhbluzern.ch
Beispiel SUVA, Bibliothek Rösslimatt (interne Firmenbibliothek)
Marianne Gallauer, SUVA
Die SUVA stellt in der Regel jährlich einen Praktikumsplatz für eine I+D- Assistentin/einen I+D-Assistenten zur Verfügung. Hauptarbeitsplatz der Prak- tikantInnen ist die Bibliothek Rösslimatt; daneben werden jedoch kürzere und längere «Stages» in anderen Organisationseinheiten mit andern Betreuenden absolviert. Dies hilft, das doch sehr spezielle Umfeld einer Firmenbibliothek für Aussenstehende transparenter zu machen.
Der anfänglich beachtliche Koordinationsaufwand, ein sinnvolles I+D- Praktikum in der SUVA anzubieten, hat sich mit wachsender Praxis relativiert. Das Grundkonzept steht und muss jeweils lediglich noch den aktuellen Anforderungen angepasst werden.
Nach einem «Schnupper-Besuch» von AusbildnerIn und PraktikantIn in der Bibliothek Rösslimatt erhalten beide eine detaillierte Übersicht aller geplanten Aufgaben, Einsätze und der zuständigen BetreuerInnen für das kommende Praktikum.
Dauer der Praktika, Forderungen
Das Praktikum in der SUVA dauert drei bis vier Monate und soll eine fundierte Einsicht in die spezielle Situation einer Firmenbibliothek und deren Umfeld vermitteln.
Nebst der Erledigung allgemeiner Bibliotheksarbeiten werden die PraktikantInnen in eine zentrale Aufgabe der SUVA-Bibliothek – die Literaturbestellung für Mitarbeitende – eingearbeitet. Diese Tätigkeit beinhaltet von der Auftragsannahme über das Bestellen und Katalogisieren bis hin zur Bearbeitung der Rechnung alles und ist damit sehr komplex. Um eine korrekte Lieferung bzw. einen korrekten Katalognachweis zu gewährleisten, müssen die Bestellungen – gemäss Kundenangaben – mit standardisierten Informationen (mit/ ohne Signatur, Standort beim MA/Bibliothek, Kostenstelle, Lieferadresse, usw.) erfasst werden. Als PraktikantIn gilt es dabei einerseits, viele Detailinformationen zu beachten, und andererseits, den übergeordneten Zusammenhang zu begreifen.
Der Betreuungsaufwand – vor allem in der Einführungsphase des Praktikums – ist dabei beachtlich und die PraktikantInnen werden erfahrungsgemäss stark gefordert ...
Inhalt der Praktika, Spezialitäten
Allgemeine und spezielle Bibliotheksarbeiten wie:
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Literaturbestellungen für MA
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thematische Literaturrecherchen
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Normenrecherchen und -bestellungen
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elektr. Zeitschriftenverwaltung
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Pflege der Ergänzungswerke
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Katalogisieren Datensätze Medizinische Bibliothek
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Katalogisieren Datensätze Rechtsbibliothek
Technische Dokumentation:
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Mikroverfilmung
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Aktenklassierung
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Dossierpflege (versicherte Betriebe)
Zentraler Kundendienst:
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Bestell- und Vertriebsorganisation der SUVA-Infomittel
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Vertrieb Indomittel
SUVA-Archiv:
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Archivprozesse
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Anforderung/Auswahl von Archivsoftware
Rechtsabteilung:
– Aufbau einer internen RechtsDatenbank
Profit
Einerseits werden mit der Einarbeitung einer Praktikantin/eines Praktikanten die Abläufe in der Bibliothek einer gewissen «Aussensicht» unterzogen und somit geprüft bzw. hinterfragt. Darin liegt für uns ein gewisses Verbesserungspotenzial. Andererseits profitieren wir auch vom aktuellsten I+D-Wissen der Lernenden.
Feedback durch Lernende
Die wichtigsten und zugleich erfreulichsten Rückmeldungen der PraktikantInnen waren, dass Zusammenhänge zwischen Lerninhalten der Schule und den Praktikumsarbeiten in der SUVA (z.B. Archiv) hergestellt werden konnten.
Erfahrungen, Lehren, Tipps und Verbesserungen
Wichtigste Erfahrung für uns war, dass die komplexen Vorgänge in einer Firmenbibliothek von den PraktikantInnen als interessant und bereichernd für ihre Ausbildung bewertet wurden. Bedauert wurde von den meisten der eher seltene direkte Kundenkontakt an der Ausleihtheke.
contact: marianne.gallauer@suva.ch
Ausbildungstradition verbunden mit vielfältigem Austausch Nicole Fall
Stadtbibliothek Luzern
Die Ausbildung hat in der Stadtbibliothek Luzern, die zugleich auch Zentralstelle des Bibliotheksverbandes Region Luzern (BVL) ist, eine lange Tradition. Bis 1998 wurde in der Stadtbibliothek eine Volontariatsstelle pro alten Ausbildungsgang angeboten, die vom Berufsverband BBS getragen wurde.
Heute kann die Stadtbibliothek Luzern mit Stolz zwei Lehrstellen der neuen Berufslehre I+D-AssistentIn vorweisen. Dies nicht zuletzt dank den Be- strebungen der Stadt Luzern, das Lehrstellenangebot für jugendliche Schulabgänger zu erhalten und auszubauen.
Da der Betreuungsaufwand für zwei Lernende in einer allgemeinen öffentlichen Bibliothek mittlerer Grösse für die Berufsbildnerin sehr zeitaufwendig und anspruchsvoll ist und sich die Suche nach geeigneten KandidatInnen für das Vorpraktikum I+D-SpezialistIn in den letzten Jahren als eher mühsam herausstellte, verzichtet die Stadtbibliothek Luzern heute auf die Planstelle dieses einjährigen Berufspraktikums.
In der Stadtbibliothek Luzern ist man bestrebt, den jungen Berufsleuten eine fundierte und interessante Ausbildung zu gewährleisten. Neben dem theoretischen Teil in der Berufsschule wird im Lehrbetrieb der praktische Teil vermittelt. Dazu gehören auch zwei integrierte Fremdpraktika in einem Archiv und in einer Dokumentationsstelle, damit alle Ausbildungsinhalte, die in der Bildungsverordnung vorgeschrieben sind, abgedeckt werden. Dies geschieht in sinnvoller Weise im zweiten Lehrjahr, wenn die Lernende schon gewisse Berufskenntnisse erworben hat und auch von schulischer Seite ein gewisses Know-how für die Stage mitbringt.
Dank dem tollen Engagement der Praktikumsbetriebe im Archiv- und Dokumentationswesen auf dem Platz Luzern ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. So bieten zum Beispiel das Staatsarchiv, das Stadtarchiv, die SUVA und das Bildungsinformationszentrum (BIZ) in Luzern Fremdpraktikumsplätze an.
Da bis jetzt zwischen der Berufsbildnerin der Stadtbibliothek und den anderen I+D-Stellen keine verbindlichen Abmachungen bezüglich Zeitraum und Praktikumsdauer gelten, muss das Fremdpraktikum mit jeder Lernenden neu organisiert werden. Das beansprucht viel Administration und Koordinationsaufwand.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Fremdpraktika flexibel den Wünschen und Bedürfnissen der jungen Berufsleute angepasst werden können.
Ein Problem bei der Praktikumsdauer stellt sich damit, dass die Lernenden pro Praktikum maximal zwei bis drei Monate freigestellt werden können, da sie sehr stark in die Betriebsabläufe der Stadtbibliothek Luzern eingebunden sind. Diese Einschränkungen sind schon verschiedentlich von den Lernenden, aber auch von den Praktikumsanbietern bedauert worden.
Weiter negativ ins Gewicht fällt, dass der gegenwärtige Schulstoff meist nicht im Gleichklang mit der praktischen Arbeit des jeweiligen Ausbil- dungsortes steht. Dieser Umstand ist bedauerlich, doch leider nicht zu vermeiden.
Zum Pflichtprogramm für alle Lernenden der Stadtbibliothek Luzern ge- hört ein dreiwöchiges Praktikum in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern (ZHB). Hier lernen die Jugendlichen die typischen Arbeiten einer wissenschaftlichen Bibliothek kennen.
Allgemein ist zu bemerken, dass der Kontakt zwischen den BerufsbildnerInnen der einzelnen Institutionen von einem sehr guten Klima geprägt ist. Besonders reger Austausch findet zwischen der Stadtbibliothek und der Zentral- und Hochschulbibliothek statt. Die ähnlichen Betriebsstrukturen begünstigen eine Zusammenarbeit in einigen Bereichen. So werden beispielsweise die Daten für die jährlichen berufskundlichen Orientierungsveranstaltungen des Kantons Luzern koordiniert und die Vorbereitungen auf die LAP teilweise gemeinsam geplant und durchgeführt.
Die Stadtbibliothek Luzern bietet selber nur im Rahmen der Ausbildung I+D- AssistentIn Fremdpraktika an. Da die Archiv- und Dokumentationsstellen in der Region Luzern keine eigene berufliche Grundbildung anbieten, gibt es von ihrer Seite kein Bedürfnis danach. Lediglich die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern nutzt hin und wieder das Fremdpraktikumsangebot in der Stadtbibliothek Luzern. Ausnahmen be- stätigen die Regel: In jüngster Vergangenheit absolvierten eine Berlinerin und eine Lernende aus der Romandie ein kurzes Praktikum in der Stadtbibliothek Luzern.
Bei der Ausbildungsplanung eines Fremdpraktikums in der Stadtbibliothek Luzern dient der Modell-Lehrgang als Vorlage. Dabei werden die Inhalte auf die Arbeiten einer allgemeinen öffentlichen Bibliothek zugeschnitten. Das Programm für die Praktikantin wird im Vorfeld gemeinsam mit der zuständigen Berufsbildnerin besprochen und alle rechtlichen und administrativen Belange werden mit der Partnerinstitution in einer Ausbildungsvereinbarung schriftlich festgehalten.
Am Ende der Praktikumsdauer erhält die/der Lernende eine Praktikums- bestätigung. Der Betreuungsaufwand für die Fremdpraktikantin ist selbstverständlich ähnlich gross wie der für die eigene Lernende. Das Engagement lohnt sich jedoch sehr. Es ist immer bereichernd, den angehenden I+AssistentInnen aus anderen Institutionen die Welt der allgemeinen öffentlichen Bibliothek näher zu bringen.
Abschliessend ist zu bemerken, dass die Zusammenarbeit zwischen den ein- zelnen Betrieben heute schon sehr gut funktioniert. Dies wird unter anderem sichtbar durch die vielen positiven Rückmeldungen der Lernenden nach ihren Stages. Optimierungsmöglichkeiten gibt es selbstverständlich immer. Denkbar wäre auch ein Ausbildungs- verbund I+D, wie er heute schon erfolgreich im Kanton Zug besteht.
contact: nicole.fall@bvl.ch
Praktika für Lernende (I+D-AssistentIn) im Staatsarchiv
Stefan Jäggi Staatsarchiv Luzern
Seit 1999 bietet das Staatsarchiv Luzern Praktika für auszubildende I+D- AssistentInnen an. Zunächst nur für Lernende der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern gedacht, wurde das Angebot später auf die Stadtbibliothek Luzern ausgedehnt. Prinzipiell steht aber auch anderen Institutionen des I+D-Bereichs auf dem Platz Luzern die Möglichkeit offen, ihre Lernenden für ein Archivpraktikum anzumelden.
Die Praktika für lernende I+D-AssistentInnen sind mit einem klaren Aus- bildungsauftrag verbunden. Als solche stellen sie nur einen Teil des Praktikumsangebots des Staatsarchivs dar. So stehen für die Vorbereitung auf die Studiengänge an den Fachhochschulen sowie für InhaberInnen eines Hochschulabschlusses zwei volle Praktikumsstellen zur Verfügung, nach denen eine rege Nachfrage besteht. Kürzere Praktika (Betriebspraktika) werden auch von Mittelschülern und von Lehrpersonen im Rahmen einer Weiterbildung absolviert.
Organisation
Die Durchführung aller Praktika wird durch ein internes Konzeptpapier geregelt. Normalerweise kann das Staatsarchiv nur eine Lernende bzw. einen Lernenden zur selben Zeit beschäftigen (Betreuungsaufwand!). Mit dem Lehrbetrieb wird eine Ausbildungsvereinbarung abgeschlossen, in welcher die wichtigsten Aspekte wie Dauer, Ausbildungsziele, Entschädigung, Versicherung, Arbeitszeit usw. geregelt werden. Nach Abschluss des Praktikums erhalten die Lernenden vom Staatsarchiv einen Abschlussbericht, der eine Zusammenstellung der theoretischen Einführungen und eine kurze Beschreibung der ausgeführten praktischen Arbeiten enthält.
Verantwortlich für die Organisation und Durchführung der Praktika ist ein Mitglied des Leitungsteams; die verschiedenen Einführungen und die Betreuung der praktischen Arbeiten werden den für die einzelnen Bereiche zuständigen Teammitgliedern zugeteilt. Der genaue Ablauf des Praktikums wird durch einen Einsatzplan geregelt, der für jedes Praktikum individuell erstellt wird.
Dauer/Anforderungen
In Anbetracht der Tatsache, dass die Lernenden dem Betrieb neben der Be- rufsschule lediglich an drei Tagen der Woche zur Verfügung stehen, ist aus der Sicht des Archivs eine Praktikumsdauer von vier Monaten angemessen. So besteht die Gewähr, dass die zahlreichen theoretischen Einführungen neben den praktischen Arbeiten in der Erschliessung ihren Platz finden. Allerdings können im Einzelfall auch kürzere Praktika (allerdings nicht unter acht Wochen) vereinbart werden, insbesondere wenn dies die Verhältnisse im Lehrbetrieb notwendig machen.
Inhalt/Spezialitäten/Kompromisse
Die Inhalte der Praktika richten sich nach den Bestimmungen des Modell-Lehrgangs. Verschiedene MitarbeiterInnen des Archivs führen in die folgenden Bereiche ein: Archivtheoretische Grundsätze (Pertinenz, Provenienz); die spezifischen Aufgaben der Archive (Übernahme, Bewertung, Erschliessung, Vermittlung); Geschichte des Staatsarchivs Luzern, Struktur seiner Bestände; Findmittel (Repertorien, Register, Datenbank); Einsatz von Informatikmitteln im Archiv; Mikroverfilmung und Reprografie; Archivrecht und Datenschutz; Bestandserhaltung (konservatorische Massnahmen, Restaurierung); Modernes Verwaltungsarchiv und Ablieferungswesen (mit Ämterbesuch); Nichtstaatliche Archivbestände (Privatarchive); Benutzerdienst und Ausleihe; Fachspezifische Literatur, Archive im Internet; Administrativer Betrieb. Dazu kommt in Form eines Lesekurses eine Einführung in die Deutsche Schrift (18.–19. Jh.).
Der Hauptteil der Arbeitszeit wird von praktischen Arbeiten v. a. im Bereich Erschliessung (mit ScopeArchiv) ausgefüllt. Dazu kommen Einsätze in den Bereichen Bestandserhaltung (v. a. Arbeiten in den Magazinen) und Reprografie, Dienststellenbesuche und die Mithilfe bei Transporten von Unterlagen aus der Verwaltung ins Archiv.
Theorie/Praxis
Die Praktika sind vorwiegend auf den Erwerb praktischer Erfahrung im Bereich archivspezifischer Erschliessung ausgerichtet. Die theoretischen Einführungen sollen daneben den Lernenden ein umfassendes Bild der archivischen Arbeit vermitteln. Ebenfalls berücksichtigt werden die «technischen» Bereiche Bestandserhaltung und Reprografie, in denen eher manuelle Fertigkeiten gefragt sind.
Feedback
Die bisherigen Rückmeldungen über Praktika waren vorwiegend positiv. Als Spezialität geschätzt wird insbesondere die Einführung in das Lesen der Deutschen Schrift.
Erfahrungen/Lehren/Tipps/ Verbesserungen
Mit den bisherigen Praktika hat das Staatsarchiv meist gute Erfahrungen gemacht. Allerdings hat sich gezeigt, dass der Einbezug manueller Arbeiten (Bestandserhaltung) nicht allen PraktikantInnen gleichermassen behagte. Als wichtig und notwendig hat sich eine gute Integration in den Praktikumsbetrieb erwiesen. Für einen möglichst reibungslosen Verlauf des Praktikums ist eine straffe Koordination zwischen den verschiedenen Verantwortlichen unabdingbar.
Verbesserungsmöglichkeiten sehe ich z. B. im Bereich Vorarchiv (Records Management); dafür müsste aber ein Einsatz in der Verwaltung vorgesehen werden können, was aus organisatorischen und zeitlichen Gründen kaum realisierbar sein dürfte.
contact: stefan.jaeggi@lu.ch