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2017/4 Zusammenarbeit

Gemeinsam grösser sein: das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken

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Als eine temporäre Einkaufsgemeinschaft wurde das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken im Jahr 2000 gegründet. Heute besteht es immer noch und nebst der nicht mehr wegzudenkenden Lizenzierung von e-Journals und e-Books leistet es Dienste für neue Publikationsmodelle, namentlich Open Access.

Ein Konsortium ist als eine zeitlich begrenzte Zweckgemeinschaft definiert, um Projekte gemeinsam durchzuführen. 1, 2Am Ursprung der Gründung des Konsortiums der Schweizer Hochschulbibliotheken stand die Idee, die digitale Literaturversorgung zentral und kooperativ abzuwickeln. Neben dieser mittlerweile zentralen Dienstleistung wurden über die Jahre diverse Projekte zum Aufbau weiterer zentraler Informationsdienstleistungen für das Schweizer Hochschulwesen erfolgreich durchgeführt. Das Konsortium ist inzwischen eine etablierte Einrichtung und ein sehr gutes Beispiel für erfolgreiche landesweite Kooperationsbestrebungen.

Gründungsgeschichte

Die kantonalen Universitäten, der ETH-Bereich, die Fachhochschulen und die Nationalbibliothek gründeten im Jahr 2000 das Konsortium als Einkaufsgemeinschaft für elektronische Informationsressourcen. Mit einer Anschubfinanzierung der damaligen Schweizerischen Universitätskonferenz von 13.4 Mio. CHF und zusätzlichen Eigenmitteln der Konsorten in der Höhe von 29 Mio. CHF konnte die anfängliche Versorgung der Hochschulen mit Lizenzen für elektronische Datenbanken und Zeitschriften in den ersten fünf Jahren des Konsortiums sichergestellt werden. Seit dem Jahr 2006 trägt sich das Konsortium vollumfänglich selbst und ist inzwischen nicht mehr wegzudenken aus der wissenschaftliche Informationsversorgung der Schweizer Hochschulen. Das Konsortium steht auch Bibliotheken ausserhalb des Hochschulbereiches mit nicht kommerzieller Ausrichtung zur Verfügung, so dass das Konsortium aktuell insgesamt 59 teilnehmende Bibliotheken zählt. 

Das Konsortium heute

Die Kernaufgaben des Konsortiums sind die Verhandlung und Lizenzierung von Datenbanken, E-Journals und E-Books für die Konsortialpartner. Das Angebot umfasst zum jetzigen Zeitpunkt mit 80 E-Journal-Paketen, 130 Datenbank-Produkten und 25 E-Book-Produkten insgesamt 235 Produkte, welche ein jährliches Kostenvolumen von ca. 34 Mio. CHF (Lizenzjahr 2017)ausmachen. Die Produkte werden von derzeit 55 teilnehmenden Bibliotheken lizenziert und von diesen finanziert.
Das Konsortium stimmt die strategischen Entscheidungen stets eng mit seinen Partnern ab. Die Arbeitsgruppe Lizenzen, bestehend aus 18 Vertretern der teilnehmenden Einrichtungen, begleitet die dazu die wichtigsten Verhandlungen. Lizenzverträge mit Verbindlichkeiten von über 500‘000 CHF pro Vertrag werden gemäss Reglement des Konsortiums von dessen Lenkungsausschuss3, 2beschlossen. Die Fachstelle Neue Lizenzen- und Publikationen / Open Access des Konsortiums, dazu später mehr, ist zudem Mitglied des Arbeitskreises Open Access (AKOA) der Konferenz der Universitätsbibliotheken (KUB). Die Partizipation in der nationalen Expertengruppe zu Open Access ermöglicht den fachlichen Austausch und ist speziell hinsichtlich der Entwicklungen im Zusammenhang mit der nationalen Open-Access-Strategie sehr wichtig. 

Projekte für das schweizerische Bibliothekswesen

Im Rahmen diverser Förderprogramme führt das Konsortium seit vielen Jahren verschiedene Projekte zum Aufbau von zentralen Informationsdienstleistungen durch (vgl. Abbildung 1). Die Projekte werden in der Regel zu einem Teil über das entsprechende Förderprogramm und zum anderen Teil von den Konsortialpartnern zu je 50 Prozent finanziert. Alle Projekte des Konsortiums werden nicht nur finanziell von den Konsortialpartnern mitgetragen, sie sind auch grundlegend auf die aktive Mitwirkung der Partnerbibliotheken und weiteren Projektpartnern angewiesen.

B04 Konsortium Abbildung1

Nationallizenzen (2015-2017)

Von 2015 bis Mitte 2017 hat das Programm «Wissenschaftliche Information: Zugang, Verarbeitung und Speicherung» das Projekt Nationallizenzen gefördert, mit dem Ziel, elektronische Zeitschriftenarchive als Nationallizenzen zu erwerben und diese dadurch für die wissenschaftliche Community der Schweiz und interessierte Privatnutzer zugänglich zu machen. Ein Förderbeitrag von 10,1 Mio. CHF ermöglichte den Kauf ausgewählter digitaler Zeitschriftenarchive inklusive Sicherung deren Langzeitverfügbarkeit. 

Bis Ende 2016 schloss das Konsortium im Rahmen des Projektes erfolgreich Verträge für vier Produkte ab. Die Zeitschriftenarchive der Verlage Cambridge University Press (CUP), De Gruyter, Oxford University Press (OUP) und Springer Nature sind damit mit über sechs Millionen Artikeln landesweit verfügbar.

Das Projekt konnte nur dank der intensiven Mitarbeit der Arbeitsgruppe Lizenzen erfolgreich ausgeführt werden. Sie war nicht nur in die Auswahl der Produkte, sondern auch in die Verhandlungen und die Umsetzung eng eingebunden. Nur so war es möglich, die erforderlichen Vorgaben und Ziele des Projektes zu erfüllen und die besten Konditionen zu erreichen. Weitere Kooperationspartner, wie Swissbib und Switch, waren ebenfalls zentral eingebunden. 

Licensing, Publishing und Open Access

Die Förderung von Open Access ist aktuell ein höchst politisches Thema in der Schweiz. Das Konsortium ist als wichtiger Stakeholder in die Prozesse rund um die nationale Open-Access-Strategie von Swissuniversities eingebunden. Abschlüsse von Vereinbarungen, die das Publizieren in wissenschaftlichen Zeitschriften ermöglichen, benötigen spezifisches Fachwissen. Um dieses aufzubauen, war die Einrichtung einer zentralen Stelle an einer nationalen Einrichtung erforderlich. Mit der finanziellen Förderung von Swissuniversities (50 Prozent) konnte eine solche Stelle Anfang 2017 im Konsortium eingerichtet werden. Die Fachstelle soll die nationalen und internationalen Entwicklungen des Publikationsmarktes sowie die aktuellen Formen der Wissenschaftskommunikation mit Open Access analysieren, die im Markt angebotenen Modelle evaluieren und schliesslich Vereinbarungen, die Open-Access-Komponenten enthalten, verhandeln. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind insbesondere der Aufbau und die Pflege eines beruflichen Netzwerks von Bedeutung. Die Fachstelle arbeitet entsprechend stark vernetzt und eng mit den bereits genannten Arbeitsgruppe Lizenzen und dem Arbeitskreis Open Access zusammen. Sie vertritt ausserdem die kooperative Sichtweise des Konsortiums in diversen anderen Gremien.

Fazit

Der langjährige Erfolg des Konsortiums lebt von der engen Kooperation und Interaktion mit den Konsortialpartnern, die den Kern des Konsortiums bilden. Die Geschäftsstelle ist dabei ausführendes und beratendes Organ. Nach 17-jährigem Bestehen ist das Konsortium nicht mehr eine zeitlich begrenzte Zweckgemeinschaft nach eingangs zitierter Definition. Es ist eine etablierte Einrichtung im schweizerischen Hochschulwesen geworden und belegt, dass Projekte auf nationaler Ebene erfolgreich umgesetzt werden können, wenn auf verschiedenen Arbeits- und Aufgabenebenen mit anderen Institutionen und Partnern zusammengearbeitet wird und dadurch Synergien für alle Beteiligten entstehen. Das Konsortium ist eine unverzichtbare Drehscheibe für die Zusammenarbeit zwischen den Partnerbibliotheken sowie für die Vernetzung auf nationaler und internationaler Ebene.

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Pascalia Boutsiouci

Pascalia Boutsiouci leitet das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken seit fast 10 Jahren. Zuvor hat sie als Projektassistentin an der ETH-Bibliothek das Pilotprojekt Langzeitarchivierung für die ETH Zürich geleitet. Sie hat ein Studium der Romanistik mit dem Schwerpunkt Französische und Italienische Literatur- und Sprachwissenschaft und Pädagogik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen absolviert.

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Fabian Felder

Fabian Felder arbeitet seit zwei Jahren am Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken, zuerst als Lizenzmanager und seit März 2017 als Verantwortlicher für neue Lizenz- und Publikationsmodelle / Open Access. Er hat nach seinem Studium der Englischen Literaturen und Geschichte den MAS in Archiv-, Bibliotheks- und Informationswissenschaften an den Universitäten Bern und Lausanne absolviert. 

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Das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken, in der Schweizer Bibliothekscommunity schlicht als «das Konsortium» bekannt, wurde im Jahr 2000 gegründet. Die verschiedenen Hochschulen wollten mit dieser zielgerichteten Kooperationsform über eine zentrale Stelle elektronische Informationsressourcen einkaufen.
Ursprünglich war das Konsortium als temporäre Zweckgemeinschaft geplant, daher auch der Name. Neben seinen Kernaufgaben des Verhandelns von Einkaufskonditionen und Lizenzierung von Datenbanken und E-Medien, wurde dem Konsortium aber eine ganze Reihe von Projekten zum Aufbau von zentralen Informationsdienstleistungen übertragen, eines ist die Erwerbung von Zeitschriften in Form von Nationallizenzen. Heute ist das Konsortium zudem eng engebunden in die nationale Open-Access-Strategie. Als etablierte Drehschreibe für die kooperierenden Partnerbibliotheken ist das Konsortium selbst zu einem unverzichtbaren Partner geworden – und hat damit seinen ursprünglich temporären Charakter abgestreift.

Le Consortium des bibliothèques universitaires suisses, tout court «le Consortium» dans la communauté des bibliothèques suisses, a été fondé en 2000. Les différentes universités souhaitaient utiliser cette forme de coopération ciblée pour acquérir des ressources d'information électroniques via un point central.
A l'origine, le consortium était conçu comme un partenariat temporaire, d'où son nom. Outre ses tâches essentielles de négociation des conditions d'achat et des licences des medias électroniques et des bases de données, le consortium s'est également vu confié un certain nombre de projets visant à mettre en place des services centraux d'information, dont l'acquisition de journaux sous forme de licences nationales. Aujourd'hui, le consortium est également étroitement lié à la stratégie nationale de libre accès. En tant que plaque tournante des bibliothèques partenaires coopérantes, le consortium est devenu un partenaire incontournable lui-même et a ainsi perdu son caractère temporaire d'origine.