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2009/3 Digitale Dienstleistungen als Herausforderung in I&D

Nachgefragt: Was wünschen sich Bibliotheksnutzer von Online-Katalogen?

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Ein Charakteristikum der Bibliothek 2.0 ist die Ausrichtung der bibliothekarischen Dienstleistungen auf die Nutzer (Vgl. dazu auch Casey, Michael E.; Savastinuk, Laura C.: Library 2.0. Service library. In: Library Journal, Jg. 131 (2006), Nr. 14), da diese (gerade auch im Bereich der Weiterentwicklung von Onlinekatalogen) ganz andere Bedürfnisse und Vorstellungen haben als Bibliothekare oder auch Software-Entwickler (Vgl. Dazu Casey, Michael: Looking toward catalog 2.0. In: Courtney, Nancy (Hg.): Library 2.0 and beyond. Westport, Conn. [u.a.] : Libraries Unlimited, 2007, S. 15). Befragungen zur Ermittlung der Nutzerwünsche sind in Bibliotheken freilich nichts Neues (Heidtmann, Frank: Zur Theorie und Praxis der Benutzerforschung. München-Pullach: Verl. Dokumentation, 1971). Aber im Hinblick auf Kataloge wird erst in den letzten Jahren vermehrt danach gefragt (Vgl. dazu das Beluga-Projekt unter http://beluga-blog.sub.uni-ham... sowie Christensen, Anne: Partizipative Entwicklung von Diensten in der Bibliothek 2.0: Methoden und Ergebnisse aus Katalog-2.0-Projekten. In: Bibliotheksdienst, Jg. 43 (2009), Nr. 5, S. 527–537. Sämtliche Links dieses Artikels wurden zuletzt am 27.6.2009 aufgerufen).

Und das ist gut so – denn viele Bibliothekskataloge sind noch «Kataloge 1.0»: Sie bieten weder nutzerfreundliches Oberflächen noch Browsingmöglichkeiten, Rechtschreibkorrektur, zusätzliche inhaltliche Informationen oder Integration mit den anderen Onlineangeboten einer Bibliothek – von Personalisierung und Partizipation durch den Nutzer ganz abgesehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Google und Wikipedia «the people’s encyclopedia of choice»Markey, Karen: The online Library Catalog. Paradise Lost and Paradise Regained? In: D-Lib Magazine, Jg. 13 (2007), Nr. 1/2. Online verfügbar unter http://www.dlib.org/dlib/january07/markey/01markey.html.sind und zur Literaturrecherche (ausserhalb von Studium und Forschung) Onlineshops wie Amazon.de oder Portale wie die Krimi-Couch benutzt werdenhttp://www.amazon.de und http://www.krimi-couch.de.. Dies bestätigt auch ein OCLC-Report von 2005, der zeigt, dass 84% der in der Studie Befragten eine Informationssuche mit Suchmaschinen starten, aber nur 1% auf der Website einer BibliothekDe Rosa, Cathy et al.: Perceptions of Libraries and Information Resources. A Report to the OCLC Membership. Dublin, Ohio : OCLC, Online Computer Library Center, 2005, S.6–2. Online verfügbar unter http://www.oclc.org/reports/2005perceptions.htm.. Also scheint es mehr als angebracht, bei der Konzeptionierung neuer Kataloge die Nutzer nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Die Autorin hat in ihrer Masterarbeit«Welche Funktionen und Inhalte sollte ein Bibliothekskatalog im Zeitalter des Web 2.0 bieten? Ein Katalog 2.0-Konzept für die Stadtbücherei Frankfurt am Main», 2009 erschienen als Band 23 der Reihe «B.I.T.online INNOVATIV» u.d.T. «Mit Web 2.0 zum Online-Katalog der nächsten Generation». Online verfügbar unter: http://www.b-i-t-online.de/daten/BIT_Innovativ_23_Kneifel.pdf., auf der dieser Artikel basiert, ein Katalog-2.0-Konzept für die Stadtbücherei Frankfurt am Main1entwickelt, in dem auch die Nutzerwünsche an einen neuen Onlinekatalog nicht zu kurz kommen sollten. Deshalb führte sie im Rahmen der Arbeit eine Befragung durch. Dieser Artikel beschreibt, wie daraus die Nutzerwünsche an einen Katalog 2.0 ermittelt wurden.

Konzeption der Befragung und des Fragebogens2 

Der Befragung lag die Hypothese zugrunde, dass ein Grossteil der Nutzer vermehrt mit Web-2.0-Elementen vertraut ist, sie regelmässig nutzt und solche Elemente auch von einem neuen Onlinekatalog erwartet. Mit der Befragung sollten vor allem die Bedürfnisse aller erwachsenen Nutzer erforscht werden. Um eine optimale Erreichung dieser Zielgruppe zu gewährleisten, wurden mehrere Rekrutierungsmassnahmen ergriffen: Flyer und Aushänge, direkte Ansprache der Nutzer sowie Hinweis bei Führungen, Links auf der Homepage, im Onlinekatalog und in den von der Bibliothekssoftware automatisch generierten Nutzerbenachrichtigungen.

Die Wahl der Erhebungsmethodik fiel auf eine Onlinebefragung in der Form eines überwiegend standardisierten Fragebogens, da sie leichter durchzuführen und auszuwerten ist als eine Befragung mittels Papierfragebogen. Da ein offenes Befragungssystem gewählt wurde, konnte kein repräsentatives Stichprobenverfahren durchgeführt werden; dies lässt sich jedoch für Onlinebefragungen generell schwer durchführenVgl. dazu Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung. 11. Aufl. Berlin: Schmidt, 2006. S. 157..

Der Fragebogen bestand aus vier Untersuchungsgegenständen und wurde mittels der Software von SurveyMonkey erstellt3: Der erste Teil enthielt Fragen zur Nutzung des jetzigen Katalogs (Häufigkeit, Ort und Grund der Nutzung). Der zweite Teil umfasste Fragen zur Nutzung von Web-2.0-Anwendungen (Art der Anwendung, Häufigkeit und Grund der Nutzung). Der dritte Teil war der Hauptteil des Fragebogens und bat um Einschätzung der Wichtigkeit von Web-2.0-Elementen im künftigen Onlinekatalog, unterteilt nach Funktionen, Dienstleistungen der Bibliothek, Inhalten und Suchmöglichkeiten. Zudem konnten die Teilnehmer weitere Elemente nennen, die sie sich künftig im Onlinekatalog wünschen. Der vierte Teil erfasste soziodemografische Merkmale (Alter, Tätigkeit und Nutzung der Stadtbücherei Frankfurt am Main allgemein).

Durchführung und Auswertung

Die Befragung fand im April 2008 statt; insgesamt beteiligten sich 1002 Personen, 836 Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt. Bei der Auswertung und Analyse lag der Schwerpunkt auf einem Überblick über das Gesamtergebnis sowie dessen Einbindung in das Katalog-2.0-KonzeptAlle Zahlen können in grafischer Form hier eingesehen werden unter http://files.getdropbox.com/u/.....

Nutzung des Onlinekatalogs & soziodemografische Angaben 

Die meisten Teilnehmer sind Nutzer der Stadtbücherei (95,7%), zwischen 20 und 39 Jahren alt (insgesamt 74,5%) und überwiegend berufstätig (64,6%). Von den Teilnehmern, die den Onlinekatalog bereits nutzen (94,4%), nutzen ihn die meisten mehrmals in der Woche oder im Monat (35% bzw. 44,2%), um nach einem bestimmten Medium zu suchen (95%), um auf ihr Konto zuzugreifen (81,6%) und um Medien zu verlängern (80,3%) bzw. vorzubestellen (72%). Der Zugriff auf den Katalog erfolgt überwiegend von zu Hause aus (92,5%) oder in der Bibliothek (58,7%).

Nutzungsverhalten bei Web-2.0-AnwendungenVgl. dazu De Rosa, Cathy et al.: Sharing, Privacy and Trust in Our Networked World. A Report to the OCLC Membership. Dublin, Ohio: OCLC, Online Computer Library Center, 2007, Kapitel 2. Online verfügbar unter http://www.oclc.org/reports/sharing/default.htm. 

Die beliebtesten Internetanwendungen der Teilnehmer sind Suchmaschinen (96,1%), Wikis (87,5%), Onlineshop- ping (80,3%) und Videoportale (53,8%). Von 36% der Teilnehmer werden Onlinenetzwerke wie Facebook und StudiVZ genutzt, nur 18% nutzen Bildportale wie Flickr. Jeweils weniger als 10% der Teilnehmer nutzen personalisierte Internet-Startseiten (9,8%), Social-Bookmarking-Seiten (7%) oder virtuelle Welten (1,9%).

Die angekreuzten Internetanwendungen wurden – im Gegensatz zum Onlinekatalog – zu mehr als 83% täglich oder mehrmals in der Woche genutzt. Die am meisten genannten Gründe für die Nutzung sind das schnelle und einfache Finden von Informationen (93,7% bzw. 85%) sowie das Einkaufen (74%). Des Weiteren werden diese Anwendungen hauptsächlich genutzt, weil sie hilfreich sind (74%) und die Arbeit erleichtern (52,9%). Jedoch nutzen weniger als 10% der Teilnehmer diese Anwendungen, um damit ihre Erfahrungen festzuhalten und mit anderen zu teilen (9,9%) oder um sich kreativ auszudrücken (7,1%).

Die Frage, ob die Teilnehmer bestimmte Web-2.0-Anwendungen schon mal benutzt haben, zeigt ganz unterschiedliche Ergebnisse: Während die meisten Teilnehmer schon mal einen elektronischen Newsletter (86,6%) oder eine E-Mail-Benachrichtigung abonniert (73,5%), eine Favoritenliste auf einer Webseite angelegt (56,8%), Weblogs gelesen oder selbst gebloggt (55,3%) und gechattet haben (53,9%), werden Anwendungen wie RSS Feeds (46,1%), Widgets (45,3%), Tagging (48,9%), Onlineforen (52,6%) oder Add-ons (43,4%) nicht genutzt.

Wichtigkeit von Web-2.0-Anwendungen im Onlinekatalog4

Die wichtigste Funktion eines neuen Onlinekatalogs ist für die Teilnehmer die Personalisierung des Onlinekatalogs (72%)Die Prozentzahlen wurden kumuliert aus den Ankreuzmöglichkeiten «1» (sehr wichtig) und «2» (wichtig).. Dem folgen das Angebot von Neuerscheinungslisten (65,5%), Benachrichtigungen per E-Mail (59,3%), Medienempfehlungen zu bestimmten Themen (54,7%) sowie das Abonnieren von RSS Feeds (50,3%).

Als sehr wichtige Dienstleistung wird die Integration eines Formulars für Anschaffungsvorschläge gesehen (56,2%). Auch die Einbindung der Recherchedatenbanken (49,2%), des Onlineauskunftsdiensts (46%) sowie der Veranstaltungshinweise (41,2%) wird als sehr wichtig erachtet.

Eine inhaltliche Kataloganreicherung wünschen sich die Nutzer vor allem mittels der Klappentexte von Büchern (77,9%), eingescannten Inhaltsverzeichnissen (76,3%) sowie der Cover-Anzeige für alle Medien (62,2%). Darüber hinaus werden auch die Einbindung von Hörproben (58,1%) sowie Inhaltsangaben aus anderen Quellen (47,7%) als sehr wichtig erachtet.

Die meistgewünschte Suchmöglichkeit ist ein Suchergebnisfilter (87,3%), gefolgt von einer erweiterten Suche (81,5%) und der Sortierung der Suchergebnisse nach Relevanz (67,9%). Auch eine einfache Suchzeile wie bei Google, die möglichst viele Suchfelder gleichzeitig abdeckt (62,8%), sowie die Rechtschreibkorrektur (50,3%) werden als sehr wichtig angesehen.

Auf die Frage, welche weiteren Elemente künftig gewünscht werden, wurden am häufigsten der Wunsch nach Browser- und Betriebssystemunabhängigkeit des Katalogs und die Möglichkeit des Vorbestellens in andere Bibliotheken genannt. Darüber hinaus wurden z.B. eine vereinfachte Suche nach Neuerscheinungen, Verlinkungen zu anderen Bibliothekskatalogen, eine Notizbuch- und «Tell a friend»-Funktion, das Browsen durch den DVD-Bestand, die Integration von digitalen Medien, eine bessere Auffindbarkeit des Katalogs im Internet und Verschlüsselung der Katalogseiten gewünscht.

Fazit

Aus diesen Nutzerwünschen lassen sich einige konkrete «Handlungspers- pektiven und Entwicklungsmöglichkeiten der Bibliothek für die Zukunft [ableiten]»Fuchs, Marek: Benutzerbefragung. In: Hobohm et al. (Hg.): Erfolgreiches Manage- ment von Bibliotheken und Informationsein-Richtungen  Aktualisierungsstand: Nr. 8, Dezember 2004. Hamburg: Dashöfer, 2004, Kapitel 3/4.3, S. 3.. Da jedoch mit der Umfrage nur ein Teil der Nutzer befragt werden konnte und so die Ergebnisse nicht als repräsentativ für die gesamte Nutzerschaft der Stadtbücherei gesehen werden können, liefern sie erste Tendenzen in den Bedürfnissen der Nutzer. Diese dienen als Grundlage für die weiteren Planungen und die Erstellung von Anforderungskatalogen – und können nun durch andere Forschungsprojekte weiter vertieft werden, z.B. Fokusgruppen-Workshops. Damit liessen sich einige der Ergebnisse weiter untersuchen und liess sich u.a. klären, ob die Funktion des Tagging, die der Nutzerschaft eher unbekannt war und im Katalog für nicht so wichtig erachtet wurde, wirklich diese unwichtige Rolle spielt – oder ob die befragten Nutzer sich aufgrund der gewählten Befragungsmethode nicht recht vorstellen konnten, wie Tagging im Onlinekatalog aussehen und welche Vorteile dies für sie haben könnte. Die positive Resonanz der Nutzer zur Befragung sowie die überwiegend wichtige bis sehr wichtige Wertung der abgefragten Elemente sind jedoch ein deutliches Zeichen dafür, dass sie sich einen Katalog 2.0 wünschen und die geplanten neuen Elemente ihren Bedürfnissen entsprechen. Der Schwerpunkt dieses Katalogs wird dann zunächst nicht auf Communityfunktionen liegen, sondern auf Personalisierbarkeit, erweiterten Such- und Browsingmöglichkeiten, zusätzlichen inhaltlichen Informationen sowie Verknüpfung mit den bestehenden Dienstleistungen und Angeboten. Zwei in der Befragung häufig genannte Wünsche (Browser- und Betriebssystemunabhängigkeit des Katalogs, Vorbestellen in andere Bibliotheken) konnten bereits umgesetzt werden. Die weiteren Wünsche werden dann – ganz im Sinne der Bibliothek 2.0 – in die weitere Katalogentwicklung einfliessen.

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Fabienne Kneifel

Leiterin des Sachgebiets Katalog in der Abteilung Zentrale Medienbearbeitung der Stadtbücherei Frankfurt am Main

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Par le biais d’une interview et d’un questionnaire, Fabienne Kneifel tente de cerner les besoins et les attentes des utilisateurs parmi les nouvelles possibilités offertes par le Web 2.0. Parmi les résultats sur l’importance des applications Web 2.0 dans le catalogue en ligne, on notera que la fonction la plus importante est la personnalisation du catalogue et que le service le plus important est l’intégration d’un formulaire pour les suggestions d’achat. Les utilisateurs souhaitent un enrichissement du catalogue par la quatrième de couverture et par un scan de l’index. La recherche préférée est celle par filtre, suivie de celle avancée. Sont souhaités ensuite différents éléments comme la possibilité de commander un livre dans une autre bibliothèque sans changer de site, une recherche des nouveautés facilitée ou encore une fonction «Tell a friend». Ces résultats ne sont bien sûr pas représentatifs de tous les utilisateurs mais de ceux d’une bibliothèque de ville. Il en ressort toutefois un souhait des utilisateurs d’avoir à disposition un catalogue 2.0. Le point fort ne sera pas l’aspect communautaire du Web 2.0, mais ses possibilités de personnalisation.