Kommentare Abstract
2009/3 Digitale Dienstleistungen als Herausforderung in I&D

Facebook im Marketing­Mix von Bibliotheken

Kommentare Abstract

Seit einigen Jahren sehen wir ein Phäno­men im Web entstehen: So genannte soziale Netzwerke blühen auf, wachsen mit jedem Neumitglied und üben über die Gruppendynamik eine Sogwirkung aus, die ihr Wachstum noch weiter be­schleunigt. Die Rede ist von MySpace, StudiVZ, Xing oder eben auch Facebook, die international wohl am meisten mit dieser Art von Web-­Anwendung assozi­ ierte Plattform. In diesem Beitrag geht es darum, über die Möglichkeiten von Bibliotheken zu sprechen, Facebook für ihre Zwecke einzusetzen.

Was ist Facebook überhaupt?

Facebook ist zunächst einmal nichts anderes als eine Online-Datenbank von Profilen und deren Verbindungen zueinander. Diese Kontakte zwischen den natürlichen Personen zugeordnet Profilen, sind es, aufgrund welcher man eine Anwendung als «social networking platform» oder abgekürzt «social network» definiert.

Im Mittelpunkt stehen also die einzelnen Nutzer und deren Freundes- und Bekanntenkreise. Der einzelne User kann hier wenig oder viel über seine Person erzählen – von Kontaktdaten über Bilder, Videos, Hobbies bis zu Ausbildungsstadien etc. Die Veröffentlichung dieser Informationen obliegt ausschliesslich dem Nutzer selbst. Ist die Eingabe in Facebook erfolgt, bestimmen die Einstellungen des einzelnen Users, wer diese Information auch aus Facebook auslesen darf – niemand, nur sein Facebook-Freundeskreis, alle Facebook-User oder gar das Web (also die Öffentlichkeit). Damit bekommt der Freundeskreis eine ganz wichtige Rolle: Es ist nicht nur die öffentliche Zurschaustellung meines sozialen Umfelds, sondern auch ein Vertrauensvorschuss an diesen. Damit reguliert sich das System von selbst: Mein Netzwerk ist so gross, wie ich auch jedem einzelnen Mitglied vertrauen kann. Ein «ungehemmtes» Wachstum von Freundschaftskontakten wird damit normalerweise unterbunden. Zusätzliche Einstellungsvariationen lassen den einzelnen User auch den Datenzugriff aller anderen Funktionen innerhalb von Facebook sehr fein dosieren.

Facebook als Web­Plattform

Damit kommen wir zu einer dritten Funktion von Facebook, die zuerst nicht auffällt: Facebook ist ein Web im Web. Das trifft natürlich auf die sozialen Beziehungen zu, gemeint ist hier aber die funktionale Ebene dieser Plattform. Anwendungen werden nicht mehr auf Web-basierenden Standards programmiert, sondern für eine Verwendung innerhalb von Facebook. Das heisst, dass Facebook Programmier- und Schnittstellenrichtlinien vorgibt, welche von Drittanbietern für die Entwick- lung von Zusatzfunktionen auf Facebook genutzt werden. Damit sind in den letzten Jahren mehr als 52 000 Zusatzfunktionen für Facebook (Stand Mai 2009) entstanden, die jeder User per Klick aktivieren kann. Damit verfügt Facebook nicht nur über ein an Funktionen extrem reiches Umfeld, sondern auch über ein attraktives Angebot an Software-Produzenten: Hier können sie ihre Software einem Millionenpublikum vor die Nase halten, und dieses kann es ohne technischen Aufwand nutzen. Damit kommt Facebook der Rolle eines Web im Web immer näher: Programme, Informationen und User bewegen sich im Mikrokosmos Facebook. Alles andere ist nicht notwendig, da «das Meiste» über Drittfunktionen eingebunden wird.

Die Bedeutung von Facebook

Es dürfte klar geworden sein, dass Facebook mit 200 Millionen registrierten Usern sowie zigtausend Fremdapplikationen in Facebook selbst ein grosses Potential in Händen hält: die Zusammenführung von Personen, deren Profilen und deren Interessen auf der einen Seite, Werbetreibende auf der anderen Seite. Schon jetzt ist es möglich, Werbung sehr genau an ein bestimmtes Zielpublikum in Facebook anzupassen. Auch wenn Facebook in Zukunft dieses Geschäftsfeld aus betrieblichen Gründen wohl stark wird ausbauen müssen, das wahre Potential liegt in diesem Mikrokosmos aus Usern, Informationen und Anwendungen. Es ist innerhalb dieser Facebook-Welt nicht mehr notwendig, über eine eigene Webseite zu verfügen, um präsent zu sein, ein Profil oder eine Facebook-Identität genügt.

Tatsächlich ist das aktive Gestalten der eigenen digitalen Identität einer der Hauptgründe für die Teilnahme an solchen Netzwerkplattformen. Nur diejenigen User haben so etwas wie eine Freiheit der Identitätsgestaltung, die auch tatsächlich über ein Profil verfügen und dieses verwalten können bzw. dürfen. Der Umkehrschluss, dass eine Nichtteilnahme jegliche Formen digitaler Identität ausschliesst, ist trügerisch. Meinungsbildung im Web – egal, ob über Text, Bilder oder Videos – hält sich hartnäckiger als in der realen Welt. Im Web kann alles und jedes wieder aufgefunden werden, egal, ob ich dazu ein Profil erstellt habe oder nicht. Nur ein User mit einer starken digitalen Identität kann Falschinformationen, Gerüchten, Cyberbullying etc. etwas entgegensetzen.

Digitale Identität

Damit kommen wir nun zu jenen Funktionen, die auch für Firmen, Institutionen aller Art, aber auch für einzelne Produkte und Dienstleistungen nützlich sein können. Nicht nur natürliche Personen verfügen über eine digitale Identität, sondern auch Organisationen wie eine Bibliothek können sich eine einrichten. Das oben Gesagte bezüglich aktiver Gestaltung des Meinungsbildes gilt hier also genauso. Nur eine Bibliothek, die sich in ihrer ganzen Vielfalt digital darstellt, kann auch aktiv an ihrem digitalen Image arbeiten. Eine eigene Webseite ausserhalb von Facebook zu haben, ist zwar fein, aber wenn der Mikrokosmos Facebook Realität wird (das meine ich hier nicht als Zukunftsoption, sondern aus der Perspektive des einzelnen Users), dann existiert alles nur innerhalb dieses Zirkels. Im deutschsprachigen Raum sind Millionen von Jugendlichen und Akademikern über solche Zirkel verknüpft.

Firmen oder Produkte bekommen zwar auf Facebook kein Profil (dieses ist nur natürlichen Personen vorbehalten), aber eine eigene Seite («page»). Diese Seite ist durchaus mit einem Profil vergleichbar – es gibt eine Funktion für Neuigkeiten, Kommentarmöglichkeiten, Fotos, Infos zu Organisation oder Produkt, Eventkalender und tausend andere Möglichkeiten mehr. Die Bibliothek der ETH Zürich hat beispielsweise seit wenigen Wochen eine Facebook Page (http://www.facebook.com/pages/Zurich - Switzerland / ETH - Bibliothek- Zurich/43936223157). Über diese Seite kann die Bibliothek der ETH Zürich nicht nur das Facebook-Publikums sondern auch Nicht-Facebook-User ansprechen: Im Gegensatz zum Profil ist eine Page öffentlich, d.h., sie kann auch ohne Facebook Account gelesen werden.

Online-­Marketing auf Facebook

Den Bibliotheken stehen auf Facebook viele Online-Marketing-Möglichkeiten offen. Zwei davon wurden bereits genannt: die konventionelle Werbung mit Hilfe von Banner und Text (bezahlt wird per Ausdruck oder Mausklick) sowie das aktive Gestalten des Images über die Facebook Page. Bannerwerbung bietet sich vor allem für spezielle Produkte und Dienstleistungen an, aber auch für «einmalige» Anlässe wie Ausstellungen, Lesungen etc.

Facebook bietet natürlich auch viel Aktionsradius auf einem Gebiet, das die meisten Bibliotheken schon in der ei- nen oder anderen Art nutzen: der Kundenkommunikation und Neukundenansprache. Anstatt Newsletter an «meine» Bezieher zu versenden, werden Nachrichten an die «Fans» einer Page per Klick übermittelt. Direkte Nachrichten können mit einzelnen Usern ausgetauscht werden, und auch diese geben Feedback über Kommentare. Inhalte aus dem eigenen Blog können auch direkt auf Facebook syndiziert werden, ebenso Fotos und Videos. Die Möglichkeiten sind schier endlos. Der Austausch mit Bibliotheksnutzern kann z.B. auch in einem Diskussionsforum auf Facebook stattfinden. Sie sehen: Ein einzelner User muss den Mikrokosmos Facebook gar nicht verlassen, er/sie hat schon alles an Freunden, Interessen und Funktionen, was er/sie für sein/ihr digitales Leben benötigt.

Fazit

Eine Kunden-orientierte Bibliothek ist dort, wo ihre Kunden anzutreffen sind. Und wenn das Publikum in Facebook zu Hause ist, dann sollten auch Bibliotheken schon längst ihre Präsenz dort erhöht haben. Es ist ein Leichtes, Veranstaltungen und das eigene Dienstleistungssortiment einer potentiellen Nutzerschar in Facebook vorzustellen und aktiv näherzubringen. Ach ja, das hatte ich noch vergessen: Facebook Pages sind kostenlos.

Und sollten Sie über eine Webseite verfügen, dann werfen Sie sie trotzdem nicht weg. Sie ist wertvoll, und Facebook soll eine Ergänzung zu allen anderen Aspekten der digitalen Identität einer Bibliothek sein und ist dies auch. Die Regel lautet hier: sich nicht von einem Anbieter abhängig machen. Schauen Sie auf eine gewisse Ausgewogenheit der Plattformen und Dienste, die Ihre Bibliothek für Online-Marketing-Aktivitäten nutzt. Damit fahren Sie auch in einer volatilen, digitalen Zukunft gut.

http://www.buzinkay.net 

Avatar

Marc Buzinkay

Informationsdesigner und Online-­Marketing-­Berater

Abstract

Depuis quelques années, on assiste au développement d’un phénomène sur le web: les plateformes que l’on nomme des réseaux sociaux fleurissent, se développent avec l’ad­hésion de chaque nouveau membre, et, au travers de la dynamique de groupe, exercent un effet d’aspiration qui accélère encore leur croissance. On parle de MySpace, StudiVZ, Xing ou justement aussi de Facebook, la plateforme qui, au niveau international, est le plus souvent associée à ce type d’utilisation web. Cette contribution vise à discuter des possibilités, pour les bibliothèques, d’utiliser Facebook à des fins de marketing.