Kommentare Abstract
2022/2 Der VSA ist 100 Jahre alt, lang lebe der VSA!

25 Jahre Arbeitsgruppe Geistliche Archive (AGGA)

Kommentare Abstract

Die AG Geistliche Archive (AGGA) wurde 1997 als Arbeitsgruppe des VSA gegründet und feiert damit 25 Jahre ihres Bestehens! Sie vernetzt kirchliche Archive sowie verwandte Institutionen in der Schweizer Archivlandschaft (inklusive Liechtenstein) und pflegt internationale Kontakte.

Die AGGA repräsentiert eine sehr breite und vielfältige Palette von Archiven aus Kirchen, Klöstern und Missionswerken auf interkonfessioneller Basis. Der Beitrag beschreibt ihre Struktur, Vermittlungsauftrag und Öffentlichkeitsarbeit und fokussiert auf charakteristische Aktivitäten in ihrer Entwicklung. Die Pflege der Referenz-Datenbank «Kirchliche Bestände in schweizerischen Archiven» ist dabei ein besonderes Anliegen, dient sie doch einem transparenten Fachaustausch zwischen mehr als 1200 Archiven.

Entstehung und Entwicklung

Die ältesten Archivdokumente in der Schweiz stammen aufgrund unserer abendländisch-europäischen Kulturgeschichte aus Klöstern. Die älteste nachgewiesene Urkunde aus dem Jahr 451 stammt aus dem Kloster Chur (Bischof Asinio) Damit beginnt die Archivgeschichte der Schweiz womit eine lange Tradition mit einer sorgfältigen Überlieferungsbildung begründet wurde.

Obwohl sich viele Archivarinnen und Archivare aus ehemaligen Klöstern und Kirchen wohl schon seit Jahrhunderten fachlich ausgetauscht hatten, wurde eine offizielle Fachgruppe innerhalb des VSA erst Ende des 20. Jahrhunderts gegründet. Seit 1997 hat sie sich jedoch lebhaft entwickelt.

Christian Schweizer, Präsident AGGA 1997-2017
©Christian Schweizer

Die Idee zur Gründung einer Plattform für die Interessen und Belange kirchlicher Archive entstammte ursprünglich einer angeregten Tischrunde mit Archivvertretern aus der Innerschweiz anlässlich der VSA-Jahresversammlung 1995 in Sarnen. Darunter Rolf De Kegel (Stiftsarchivar Benediktiner Engelberg) und Christian Schweizer (Provinzarchivar Schweizer Kapuziner und VSA-Vorstandsmitglied). Diese zwei Personen tragen den Hauptverdienst an der Gründung und Entwicklung der AGGA. Die formelle Gründung erfolgte dann 1997 an der ersten konstituierenden Sitzung im Kapuzinerkloster Olten unter dem Präsidium von Christian Schweizer sowie dem Sekretär Rolf De Kegel. Beide Archivare blieben 20 Jahre im Amt bis sie 2017 verabschiedet wurden. Die AGGA hat ihnen viel zu verdanken.

Zweck und Ziele der Arbeitsgruppe Geistliche Archivare (AGGA)

  • Sie repräsentiert auf einer breiten Basis vielfältige Archive in Kirchen und Missionswerken aus der Schweiz und Liechtenstein
  • Sie ist interkonfessionell und vertritt verschiedene Archivtypen diverser kirchlicher Trägerschaften
  • Sie fördert den Dialog und die Zusammenarbeit unter den geistlichen Archiven der Schweiz; insbesondere unterstützt sie staatliche Institutionen (Staats-, Stadt-, und Kommunalarchive), die, in welcher Funktion auch immer kirchliches Schriftgut verwalten (das Staatsarchiv Luzern beschäftigt etwa eine Beauftragte für Kirchenarchive)
  • Kontaktpflege zu speziell interessierten Plattformen Institutionen und Verbänden im In- und Ausland (zum Beispiel zu Plattformen alter Handschriften wie e-codices, e-rara oder e-manuscripta oder auch zu Publikationsprojekten wie Helvetia Sacra)

Struktur

Seit der Gründung wird die AGGA durch einen Vorstand geführt (sogenannter Innerer Kreis), der möglichst gut die verschiedenen Archivtypen repräsentiert: Bistümer, Landeskirchen, Landeskirchenarchive, Pfarreien und Kirchgemeinden, Missionsgesellschaften, Orden (Klosterarchive Einsiedeln und Engelberg, etc.), Vereine und andere mehr. Der aktuelle Vorstand kann auf der VSA Website konsultiert werden. Die Frage der Zusammensetzung hängt stark von der Personalsituation in den Institutionen ab.

Die Romandie ist zwar in der Minderheit, wurde aber gut vertreten durch Hans von Rütte, Archivar des Weltkirchenrats in Genf. Er hat vor allem den Kontakt zum Internationalen Archivrat (ICA) gepflegt. In Frau Tankam-Tene fand er eine würdige Nachfolgerin. Es sind auch wieder Gespräche mit der Abtei St. Maurice im Gange, die früher im Vorstand vertreten war. Die Christkatholische Landeskirche - sie feiert zur Zeit als dritte Landeskirche ihre 150-jährigen Jubiläen - ist erst seit dem Beitritt des Autors in der AGGA vertreten.

Der Äussere Kreis bezeichnet alle Interessenten der AGGA, die entweder an AGGA Veranstaltungen teilgenommen haben oder Empfänger sind von Inhalten und Anliegen der AGGA.

Vernetzung – Zusammenarbeit – AGGA DB

Die AGGA ist praxisorientiert und vernetzt Fachwissen innerhalb grosser Archivträger und zwischen den Institutionen. Sie berät und unterstützt Archivverantwortliche mit oder ohne Fachausbildung in ihrer Arbeit.

Als wichtigstes Instrument dient die seit 2003 existierende und laufend erweiterte Referenzdatenbank «Kirchliche Bestände in schweizerischen Archiven»: https://archive.kirchen.ch

Die Datenbank enthält Informationen über mehr als 1200 kirchliche Bestände, die teilweise nicht mehr bei ihrem ursprünglichen Archivträger aufbewahrt werden. Idealerweise enthält ein Eintrag über ein Archiv einen Link zum Katalog im entsprechenden öffentlichen Archiv (zB Staatsarchiv) oder sogar auf einen OpenData Link, der direkt auf digitalisierte Volltexte (Primärquellen) verweist. Dies ist allerdings erst im Entstehen (als Beispiel dient die christkatholische Kirchgemeinde Aarau, wo die Gründungsprotokolle 1868-1890 online abrufbar sind).

Je nach Organisation von Kirchenarchiven können auch digitalisierte Bilder abgerufen werden (beispielsweise das berühmte Altarbild von Martin Disteli in der Oltner Stadtkirche St. Martin).

Hochaltarbild von Martin Disteli (um 1840, postum vollendet)
©Kurt Schibler, Olten

Fachwissen und Weiterbildung

Die AGGA entwickelt und verfolgt ein spezifisches Weiterbildungsprogramm für die Mitglieder. Sehr beliebt ist und bleibt der praxisorientierte Halbtages-Kurs «Archive verstehen. Praktische Einführung für Verantwortliche kirchlicher Archive». Der letzte fand 2017 im Centrum 66 in Zürich statt.

Durch die gute Vernetzung einzelner Mitglieder der AGGA, kommen immer wieder erstaunliche Fachexkursionen zustande, die natürlich auch ein entsprechendes Begleitprogramm (Kultur) enthalten. Zu den Highlights gehörten die Studienreisen nach Rom 2011 und Berlin 2019.

Dank der Organisation des Leiters des Stiftsarchivs St. Gallen, Peter Ehrat, hatten AGGA Mitglieder 2011 die einzigartige Gelegenheit, Einblicke in Archive zu bekommen, wo der Zugang sonst schwierig ist. Das Wochenprogramm im Vatikan war ein Highlight sondergleichen: Besuche im Vatikanischen Archiv, Archiv Petersdom, Campo Santo Teutonico, Jesuitenarchiv, Archiv der Mission (Propaganda Fide) und anderes mehr.

Dank Kontakten zu einem lutherischen Pfarrer in der Kirchgemeinde Potsdam ergab sich für 2019 ein sehr interessantes, gemischtes Programm in Berlin: Führung durch die neu renovierte Nikolaikirche in Potsdam, Besuche in diversen evangelischen Archiven (Archiv der Evangelischen Kirche in Deutschland (EZA); evangelisches landeskirchliches Archiv Berlin), Diözesanarchiv Berlin, Archiv Theodor Fontane in Potsdam. Im gleichen Gebäude in Berlin fristen die evangelischen und katholischen Archive eine friedliche Koexistenz, pikanterweise befindet sich dort auch das Rosa Luxemburg Archiv.

Der Vorstand bemüht sich weiterhin solch anregende Exkursionen anzubieten, sei es in der Schweiz oder im Ausland.

Ausblick - Projekte

Aufgrund der Einschränkungen während der Covid-Pandemie fand in den letzten zwei Jahren nur ein informeller Austausch innerhalb des AGGA-Vorstands statt, ohne weitere Aktivitäten. Bis Ende 2022 wird der neue Präsident Jakob Kuratli (Stiftsarchiv St. Gallen) mit der AG eine neue Planungsrunde einläuten. Angedacht sind Projekte wie ein generischer Leitfaden für Kirchenarchive zwecks Sensibilisierung für den Wert kirchlichen Archivguts, die Abklärung der sehr heterogenen kantonalen Archivgesetze und Verordnungen sowie Bestimmungen des Kirchenrechts bezüglich Aufbewahrung und Archivierung. Schliesslich soll auch die AGGA-Datenbank mit Hilfe von semantischer Technologie in ein neues Format gebracht werden im Sinne von OpenData, etwa mit Visualisierungen und Verknüpfungen. Zur Diskussion stand auch schon die Frage, ob der interkonfessionelle Dialog auf den interreligiösen Austausch ausgeweitet werden soll. Zumal inzwischen diverse Kantone einen sogenannten «Rat der Religionen» eingerichtet haben und ein solcher auch auf Ebene Bund (Schweizer Rat der Religionen) existiert, wäre dieser Schritt naheliegend.

Publikationen

  1. Geistliche Archive; in: Archive in der Schweiz I, hrsg. v. Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA), St. Gallen, VSA, 1997, 42-43.
  2. Arbeitsgruppe «Geistliche Archive (AG GA)», Von der Konstituierung zum vorgesehenen Brückenschlag: Gemeinsame Situationen und Perspektiven der «Einzelkämpfer» in Geistlichen Archiven in der Schweiz; in: ARBIDO 1998/6 (13), 15-16.
  3. Geistliche Archive in der Schweiz; in: Schweizerische Kirchenzeitung 167 (1999), 356-358.
  4. Geistliche Archive organisiert: Interview mit AGGA Vorstandsmitgliedern C. Schweizer und R. de Kegel, in ARBIDO 2016, Heft 1, 18-19.
  5. Dossier Kirchliche Archive im Kontext von Kirche und Staat: in ARBIDO Nr. 5, 2003, 4-25.
Hagmann Juerg

Jürg Hagmann

Jürg Hagmann ist Historiker und Berater Informationsmanagement. Zuvor war er als Global Records Manager bei Novartis in Basel tätig.

Abstract

Die AGGA repräsentiert eine sehr breite und vielfältige Palette von Archiven aus Kirchen, Klöstern und Missionswerken auf interkonfessioneller Basis. Der Beitrag beschreibt ihre Struktur, Vermittlungsauftrag und Öffentlichkeitsarbeit und fokussiert auf charakteristische Aktivitäten in ihrer Entwicklung. Die Pflege der Referenz-Datenbank «Kirchliche Bestände in schweizerischen Archiven» ist dabei ein besonderes Anliegen, dient sie doch einem transparenten Fachaustausch zwischen mehr als 1200 Archiven.

L'AGGA représente une palette très large et variée d'archives d'églises, de monastères et d'œuvres missionnaires sur une base interconfessionnelle. L'article décrit sa structure, sa mission de communication et son travail de relations publiques et se concentre sur les activités caractéristiques de son développement. L'entretien de la base de données de référence «Kirchliche Bestände in schweizerischen Archiven» (fonds ecclésiastiques dans les archives suisses) est une préoccupation particulière, puisqu'elle sert à un échange professionnel transparent entre plus de 1200 archives.