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2015/4 Kompetenzen

Ausbildungsziel: Polykompetente Informationsvermittler und -vermittlerinnen

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Genauso schnell wie sich die Rollen von Archiven, Bibliotheken und Dokumentationen in den Gesellschaft ändern, muss sich die Ausbildung der I+D-Fachleute anpassen, damit sie sich die Kompetenzen, welche die Institutionen benötigen, aneignen können.

Die diesjährige Fachtagung des VSA in Pruntrut stand unter dem Titel «Unser Berufsbild im Wandel». Unverblümter hiess es in der französischen Version: «A-t-on encore besoin d’archivistes?» Die Digitalisierung bringt mit sich, dass Archive nicht mehr am Ende des kreativen Prozesses stehen, sondern mittendrin. Auch Bibliotheken sind seit längerer Zeit diesem Wandel ausgesetzt. Was einst Bücherausleihstation war, ist heute ein gesellschaftlich-kulturelles Zentrum mit integrativer Funktion und gleichzeitig Garant dafür, dass verlässliche Informationen – sei es in digitaler oder analoger Form – allen Interessierten niederschwellig zur Verfügung stehen. Dokumentationen waren und sind seit den 1990er- Jahren einem stetigen Wandel unterworfen, beschleunigt durch die rasante Ausbreitung des Internets. An der Frühjahrstagung 2015 des Vereins für Medieninformation und Mediendokumentation VFM in Bremen war denn auch ein Referat übertitelt: «Mediendokumentalisten – Change Profis oder Abbau-Masse?» 

Anpassen, aber wie?

Archive, Bibliotheken und Dokumenta- tionen passen sich den neuen Gegebenheiten an – tun es auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Ein Blick auf die Weiterbildungsangebote der Verbände zeigt, dass der Bedarf an Aus- und Weiterbildung sehr gross ist. 2014 waren BIS-Kurse nachgefragt wie noch nie: 752 Teilnehmende besuchten Weiterbildungsveranstaltungen, was eine Verdreifachung gegenüber 2011 bedeutet. Wer Weiterbildungsangebote besucht, steht meist schon längere Zeit im Berufsleben. Und erlebt am Arbeitsplatz, wie sich das Umfeld verändert und welche Kompetenzen gefragt sind, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Doch hat sich auch die berufliche Grundbildung diesen Veränderungen angepasst? In der Bildungsverordnung für die I+D-Grundbildung ist verankert, dass der Bildungsplan und die Bildungsverordnung selbst laufend, mindestens aber alle fünf Jahre auf wirtschaftliche, technologische, ökologische und didaktische Entwicklungen überprüft werden müssen. Damit ist garantiert, dass die Ausbildung mit einer sich immer schneller verändernden Welt mithalten kann. 2015 ist ein neuer, überarbeiteter Bildungsplan in Kraft getreten. Er definiert die in der Bildungsverordnung vorgeschriebenen Kompetenzen, die I+D-Fachleute mitbringen müssen, um ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis zu erhalten.

An den Handlungskompetenzen musste bei der Revisionweniggeändert werden,das heisst,die I+D-Ausbildung befindet sich grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Was den angehenden I+D-Fachleuten in der Lehre mitgegeben wird, ist in drei Kompetenzfeldern beschrieben:

1. Fachkompetenzen wie Erwerben, Erschliessen, Kundenbeziehung oder Recherche;

2. Methodenkompetenzen wie Arbeits- oder Kreativitätstechniken und

3. Sozial- und Selbstkompetenzen wie eigenverantwortliches Handeln, lebenslanges Lernen, Zuverlässigkeit und Kommunikationsfähigkeit. 

Anpassungen waren nötig im Bereich «Informations- und Reproduktionstechnik», zu dem auch die Social Media zählen, und im Bereich «Information und Kultur», wo der Vermittlung von fachlichen Grundkenntnissen mehr Platz eingeräumt wurde. 

Lancement d’une analyse du champ professionnel et des besoins dans le domaine de l’information documentaire 

Introduite en 2009, la formation professionnelle initiale d’agent/agente en information documentaire CFC a remplacé la formation d’assistant/assistante I+D. La Délégation à la formation Information et Documentation entend réaliser une analyse du champ professionnel et des besoins afin de vérifier s’il y a lieu de proposer une formation professionnelle supérieure pour compléter la formation professionnelle initiale dans le domaine de l’information documentaire. Une telle analyse permettra de réunir les bases indispensables afin de mener une discussion fondée et de pouvoir prendre des décisions de concert avec les représentants des bibliothèques, archives et centres de documentation.

L’analyse du champ professionnel devra permettre d’établir un tableau général des fonctions et processus de travail qui existent dans le domaine de l’information documentaire. A l’aide d’interviews, nous réaliserons une analyse des activités sur l’ensemble du champ professionnel. Le profil d’activités qui en sera issu permettra de définir les compétences nécessaires pour un diplôme fédéral.

Dans le cadre de l’analyse quantitative des besoins qui suivra, nous établirons un relevé des besoins en personnel qualifié et des qualifications recherchées (compétences). Il s’agira dans ce contexte de déterminer les lacunes au niveau de la qualification du personnel et d’en déduire des indicateurs quantitatifs pour un éventuel diplôme fédéral.

Les travaux ont été engagés en août 2015 par un groupe de projet qui bénéficie d’un accompagnement pédagogico-didactique. Sont représentés au sein du groupe de projet: Direction du projet: Andrea Betschart, Délégation à la formation I+D Repr. Archives Suisse romande: Eveline Seewer Bourgeois, membre de la commission de formation AAS Repr. Archives Suisse alémanique: Yvonne Pfäffli, Stadtarchiv Bern

Repr. Bibliothèques Suisse romande: Valérie Bressoud Guérin, Médiathèque Valais Repr. Bibliothèques Suisse alémanique: Christian Muheim, Pädagogische Hochschule St. Gallen Repr. Centres de documentation: Yannick Grogg, Laufbahnzentrum Stadt Zürich Nous partons du principe que les résultats de ces analyses seront disponibles en été 2016. Nous pourrons alors informer les centres I+D sur l’issue de ce travail et sur la suite des opérations. Contact: info@ausbildung-id.ch Sven Sievi, Directeur de la Délégation à la formation Information et Documentation

Die Rolle der Ausbildner

Die Entwicklungen in unserem Berufsfeld stellen an die Lehrkräfte in den Berufsfachschulen hohe Anforderungen. Sie müssen sich stets auf dem Laufenden halten, damit sie die Lernenden optimal auf das Berufsleben vorbereiten können. Weil Vorbildwirkung als didaktisches Element nach wie vor zentral ist, müssen nicht nur die Lehrkräfte, sondern auch die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in den Lehrbetrieben an den beruflichen Veränderungsprozessen teilhaben. Sind sie nicht am Puls der Zeit, bleibt jede Revision des Bildungsplans Makulatur. Ein zeitgemässer Lehrbetrieb und engagierte Fachleute, die up to date sind, bieten Gewähr, dass die Lernenden zu jenen polykompetenten Informationsvermittlern ausgebildet werden, die heute gefragt sind.

Berufsfeld- und Bedarfsanalyse im Bereich «Information und Dokumentation» gestartet

Seit 2009 existiert die berufliche Grundbildung «Fachfrau/Fachmann Information und Dokumentation EFZ», welche die Grundbildung «I+D-Assistent/in» ablöste. Die Ausbildungsdelegation Information und Dokumentation will durch eine Berufsfeld- und Bedarfsanalyse prüfen, ob im Bereich «Information und Dokumentation» im Anschluss an die Grundbildung ein Angebot der höheren Berufsbildung aufgebaut werden soll. Um diese Frage fundiert diskutieren zu können, werden anhand einer Berufsfeld- und Bedarfsanalyse die notwendigen Entscheidungsgrundlagen zusammen mit Vertretern der Bibliotheken, Archive und Dokumentationsstellen erarbeitet werden. Im Rahmen einer Berufsfeldanalyse wird eine Übersicht der bestehenden Funktionen und Arbeitsprozesse im Arbeitsfeld Fachleute «Information und Dokumentation» erstellt. Anhand von Interviews wird eine Tätigkeitsanalyse über das ganze Berufsfeld durchgeführt. Auf der Grundlage des Tätigkeitsprofils werden die notwendigen Kompetenzen für einen eidgenössischen Abschluss abgeleitet. Im Rahmen einer anschliessenden Bedarfsanalyse wird anhand einer quantitativen Analyse der Bedarf an den entsprechenden Mitarbeitenden bzw. den nachgefragten Qualifikationen (Kompetenzen) erhoben. Damit sollen Lücken bei der Qualifikation von Mitarbeitenden aufgedeckt und ein Mengengerüst für einen allfälligen eidgenössischen Abschluss abgeleitet werden.

Die Arbeiten wurden im August 2015 mit einer Projektgruppe sowie einer professionellen pädago- gischen-didaktischen Begleitung aufgenommen. In dieser Projektgruppe vertreten sind: Projektleitung: Andrea Betschart, Ausbildungsdelegation I+D Vertretung Archiv Romandie: Eveline Seewer Bourgeois, Mitglied Bildungsausschuss VSA Vertretung Archiv Deutschschweiz: Yvonne Pfäffli, Stadtarchiv Bern

Vertretung Bibliothek Romandie: Valérie Bressoud Guérin, Mediathèque Valais Vertretung Bibliothek Deutschschweiz: Christian Muheim, Pädagogische Hochschule St. Gallen Vertretung Dokumentationsstelle: Yannick Grogg, Laufbahnzentrum Stadt Zürich Wir gehen davon aus, dass die Resultate dieser Analysen im Sommer 2016 vorliegen werden und wir werden dannzumal die I+D-Betriebe über die Ergebnisse und das weitere Vorgehen informieren. Kontakt: info@ausbildung-id.ch

Sven Sievi, Geschäftsführer der Ausbildungsdelegation Information und Dokumentation 

Neue Rollen der Institutionen

Archive, Bibliotheken und Dokumentationen haben sich verändert: Das Archiv steht in der digitalen Welt nicht mehr am Schluss der Produktionskette, sondern mittendrin. Digitale Daten aus dem Archiv können jederzeit wieder genutzt werden, um neue Erkenntnisse zu erzielen. Vermittlung steht im Mittelpunkt. Das Archiv ist nicht mehr Endlager, sondern Drehscheibe. Die Bibliotheken profilieren sich als dritter Ort, wo als Kontrapunkt zur gesellschaftlichen Individualisierung und Vereinzelung das «Wir» gepflegt wird. In Dokumentationen wird die Fachkompetenz zunehmend wichtig, weil ein Kunde, der eben zwei Stunden gesurft hat, schon eine ganze Menge Wis- sen mitbringt.

Bildungsverordnung, Bildungs- plan und die Curricula der Fachhochschulen passen sich den Veränderungen laufend an. Das Image von Archiv und Bibliothek stammt aber immer noch aus dem letzten Jahrhundert. Ziehen diese Institutionen deshalb die falschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an? Melden sich nur Schulabgängerinnen und -abgänger, die völlig falsche Vorstellungen von diesem Beruf mitbringen? Vermittelt von Berufsberatungen, die den grundlegenden Wandel in diesem Berufsfeld noch nicht mitbekommen haben? «Ah, Sie lesen gerne? Dann wäre I+D-Fachfrau etwas für Sie.»

Bedürfnis nach Aus- und Weiterbildung

Lebenslanges Lernen ist bei den I+D- Fachleuten unabdingbar. Die Association des Agent(e)s et des Assistant(e)s en Information Documentaire (AAID) hat die Ausbildungsdelegation vor längerer Zeit gebeten, eine zusätzliche Ausbildungsmöglichkeit für I+D-Fachleute zu schaffen, die zwar ein EFZ, aber keine Matur haben, und denen deshalb der Zugang zu den Fachhochschulen verwehrt ist. Die Durchführung einer höheren Berufsbildung, die zu anerkannten eidgenössischen Diplomen oder Fachausweisen führt, ist für ein so kleines Berufssegment, wie es die I+D- Fachleute darstellen, sehr aufwendig. Deshalb hat die Ausbildungsdelegation in Absprache mit den Verbänden BIS und VSA eine Analyse in Auftrag gegeben. Sie wird 2015/16 durchgeführt und folgende Punkte klären:

  • Wie gross ist die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach derartig qualifizierten Mitarbeitenden?
  • Welches Kompetenzprofil braucht der Arbeitsmarkt?
  • Wie soll der Abschluss positioniert werden? Wie grenzt er sich von den anderen Ausbildungen ab? Was eignet sich am besten, Berufsprüfung oder höhere Fachprüfung?
  • Kann eine regelmässige Durchführung eines solchen Angebotes gesichert und finanziert werden? 
Staub Herbert 2014

Herbert Staub

Herbert Staub ist Präsident von Bibliothek Information Schweiz BIS, dem nationalen Verband für Bibliotheken, Informations- und Dokumentationsstellen und deren Mitarbeitende. Er bekleidet dieses Amt seit 2013, davor war er bereits seit 2010 im Vorstand tätig. Zudem ist er Vorsitzender der Ausbildungsdelegation I+D und Geschäftsführer von BiblioFreak Schweiz. 
Herbert Staub hat 24 Jahre im Bereich Dokumentation und Archive von Schweizer Radio und Fernsehen gearbeitet und bei der Einführung der Schweizerischen Mediendatenbank SMD mitgewirkt.

Abstract

Les services d’archives, de bibliothèque et de documentation s’adaptent à de nouvelles exigences. Est-ce que leurs collaboratrices et collaborateurs s’adaptent aussi? Un coup d’œil sur les offres de formation continue des associations montrent que le besoin en formation de base et continue est très grand et aussi que les offres sont bien utilisées. La formation professionnelle initiale s’adapte également en permanence. En 2015, un nouveau plan de formation complètement revu est entré en vigueur. Il définit les compétences prévues dans l’ordonnance sur la formation professionnelle (OFPr) que les agentes et agents en information documentaire doivent apporter pour obtenir le certificat fédéral de capacité.

Les enseignants des écoles professionnelles et les formateurs des entreprises de formation doivent également se tenir à jour, au risque que chaque révision du plan de formation reste lettre morte. Apprendre toute sa vie est indispensable pour les agentes et agents en information documentaire. Avons-nous besoin d’une formation supplémentaire dans le domaine tertiaire qui mène à des diplômes d’études supérieures? Afin d’éclaircir s’il y a un besoin, si les bonnes compétences sont enseignées dans la formation initiale et si celles-ci sont demandées dans les entreprises, la Délégation à la formation effectue actuellement une analyse des besoins. Les résultats sont prévus à l’été 2016.