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2010/2 Records Management in Verwaltung und Privatwirtschaft – ein neues Aufgabenfeld?

E-Mail-Archivierung, die brennenden Punkte

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Die vielen Besuche bei Firmenkunden verschiedenster Grösse haben gezeigt, dass ihr vordringlichstes Problem im Bereich des Records Managements die schwer kontrollierbare Flut an E-Mails in der Geschäftstätigkeit ist. Die diesbezüglichen Herausforderungen tangieren dabei aber nicht nur die rechtssichere Ablage von E-Mails, sondern auch die Speicherkapazitätsengpässe oder die Nutzung von E-Mails in den Geschäftsprozessen.

E­Mails gehören zweifellos zu den sehr unstrukturierten Informationsträgern. Sie enthalten eine stark divergierende Vielfalt von Inhalten und Anhängen. Allein schon deshalb steigt die Heraus­forderung mit jedem Tag, dieses In­strument hinsichtlich der geschäftsre­levanten Nutzung zu beherrschen.

IT­-Abteilungen aller Unternehmen se­hen sich mit rasch wachsenden E­-Mail­ Accounts ihrer Mitarbeitenden kon­frontiert, und die Fragestellungen be­züglich eines adäquaten Managements derselben nehmen einen zunehmend komplexen Charakter an. Umfassten E­-Mails noch vor wenigen Jahren vor­ wiegend Lauftext, haben sie sich heute zu komplexen Gebilden meist sehr IT­ affiner User entwickelt. Mittlerweile sind grafische Mails mit Webinhalten, PDF­, Office­ oder animierten Anhän­gen zum Alltag geworden. Dies führt dazu, dass die Datenmengen in E­-Mail­ Accounts stark anwachsen.

Dieses Datenwachstum hat zur Folge, dass die Kosten für den Speicher bezie­hungsweise für die Serverinfrastruktur von Unternehmen in den letzten Jah­ren stark gestiegen sind und weiter stei­gen werden. In diesem Zusammen­hang müssen Unternehmen zudem bei der Katastrophenvorsorge mehr Zeit für das Backup und einen allfälligen Restore einplanen. Um der Problem­stellung des übermässigen Wachstums proaktiv zu begegnen, behelfen sich IT­ Leiter nicht selten mit einer Grössen­beschränkung der Mailboxen. Diese führt jedoch oft dazu, dass Mitarbeiten­de entweder lokal Ablagen anlegen oder E-­Mails gar nach eigenem Gutdünken löschen (Brossi & Winkler, 2008). Dies ist aus mindestens zwei Gründen nicht ungefährlich. Zum einen kann es vor­ kommen, dass dadurch geschäftsrelevante E­-Mails nicht ordnungsgemäss aufbewahrt werden. Zudem verschwin­den Informationen auf lokalen Daten­trägern oder ganz aus dem Unterneh­men, was zu einem Verlust von Wissen führt.

Gemäss einer Studie von Bearing Point aus dem Jahre 2008 gingen 2/3 der be­fragten Entscheidungsträger von mehr als 500 Unternehmen davon aus, dass mehr als 25% ihrer E­Mails geschäfts­kritischen Inhalt haben, 1/3 war sogar der Ansicht, dass mehr als 50% der E­Mails geschäftskritisch sind (Bearing­ Point, 2008). Im Gegensatz dazu gaben 15% der Befragten an, keine Archivie­rung vorzunehmen, während 51% er­ klärten, ihre E­Mails in persönlichen Ablageordnern zu speichern (Bearing­ Point, 2008). Im Streitfall ist die Rechtsabteilung oder Geschäftsleitung eines Unternehmens darauf angewie­sen, dass geschäftsrelevante E­Mails schnell gefunden und dass innerhalb einer angemessenen Frist (in der Regel innert zweier Wochen) auf sie zugegrif­fen werden kann (Art. 6 GeBüV). Sehr schwierig gestaltet sich diese Suche, wenn E-­Mails in lokalen Archiven abgelegt wurden. Zudem besteht bei sol­chen Archiven die Gefahr, dass E­Mails von ausgetretenen Mitarbeitenden de facto verloren sind. Ebenfalls ausser­halb des notwendigen Zugriffsbereichs sind die relevanten E­Mails, die den oben erwähnten Löschaktionen einzel­ner Mitarbeitender aufgrund von Platz­mangel in den Mailboxen zum Opfer gefallen sind.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Be­trachtung der Relevanz einer adäquaten E­-Mail ­Aufbewahrung darf aber ei­ne wichtige Interessengruppe nicht vernachlässigt werden. Es sind dies die Mitarbeitenden der verschiedenen Auf­gabengebiete einer Unternehmung. Sie arbeiten täglich direkt für Kunden, für Lieferanten oder in Projekten und erbringen so wertschöpfende Leistun­gen im betriebswirtschaftlichen Sinn. Die Personen dieser Interessengruppe, die wohl das Gros aller Angestellten ausmacht, verstehen ihren E­-Mail­-Ac­count als Kommunikationsmittel und Nachschlagewerk von unschätzbarem Wert. Dabei ist das Bewusstsein wich­tig, dass dieses Wissen kein persönli­ches Gut ist, sondern zum Grossteil erfolgskritisches Know­how für das ge­samte Unternehmen beinhaltet.

Die Frage nach der «richtigen» E-­Mail­ Archivierungslösung für ein Unterneh­men kann nur beantwortet werden, wenn alle drei relevanten Zielgruppen und ihre Motivation berücksichtigt werden. Geschäftsleitung, IT-­Abteilung und die Mitarbeitenden der Fachberei­che verfolgen, wie bereits erwähnt, alle unterschiedliche Ziele und betrachten die Thematik der E­-Mail ­Archivierung aus entsprechend anderen Blickwin­keln.

Wenn in diesem Zusammenhang von E­-Mail ­Archivierung gesprochen wird, ist vor allem die Aufbewahrung während der aktiven beziehungsweise semiaktiven Phase gemeint. Die Erhal­tung von E­-Mails aus historischen Gründen hat in der Privatwirtschaft nur eine untergeordnete Bedeutung.

Die Geschäftsleitung sieht ihre Verant­wortung für die rechtskonforme Archi­vierung mit einem zentralen E­-Mail­ Archivierungssystem wahrgenommen. Geschäftsrelevante digitale Infor­mationen wie E­-Mails sind seit der OR-­Revision im Jahr 2002 in der Schweiz entsprechenden Dokumenten auf Papier gesetzlich gleichgestellt (Art. 957 Abs. 4 OR) und werden mit der Ein­führung der neuen Zivilprozessord­nung den Urkunden zugerechnet (Brossi & Winkler, 2008). Wie physi­sche müssen auch elektronische Doku­mente zum Nachweis von Geschäfts­prozessen zehn Jahre lang sicher und gemäss den Vorgaben der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) aufbewahrt werden (Art. 962 OR). Im Handelsre­gister eingetragene Unternehmen sind verpflichtet, alle unternehmenskriti­schen Daten zu archivieren (Art. 957 Abs. 1 OR). Dies bedeutet, dass alle ein-­ und ausgehenden geschäftsrelevanten E­Mails, wie auch sämtliche, von Appli­kationen erzeugten, wichtigen digita­len Dokumente auf unveränderbare Informationsträger (WORM­-Medien, d.h. write once, read multiple (times) = «einmal beschreiben, mehrmals le­ sen») zu speichern sind. Oder die Spei­cherung muss so erfolgen, dass nach­trägliche Veränderungen zweifelsfrei nachweisbar sind (Art. 3 GeBüV). Dar­über hinaus verlangt das Gesetz wie bereits erwähnt, dass elektronische Da­teien jederzeit innert nützlicher Frist einsehbar sind (Art. 6 GeBüv). Dafür stehen bei einer zentralen Archivie­rungslösung effiziente Suchmechanis­men für die abgelegten Datenbestände zur Verfügung.

Für die IT­-Abteilung liegt der Haupt­nutzen einer zentralen Archivierungs­ lösung in einer gezielten Ablage von E­-Mail­ Inhalten und ­Anhängen. Beim Archivierungsprozess wird in den meisten Systemen geprüft, ob dieselbe E­Mail oder der Anhang bereits archi­viert wurde. Im Falle von Duplikaten nimmt das System keine erneute Abla­ge vor, sondern setzt nur einen Verweis auf die bereits abgelegte Datei. So kann ein grosser Anhang, der an mehrere Mitarbeitende gesendet wurde und so­mit mehrfach auf dem Mailserver abge­speichert ist, einmal abgelegt, mehr­fach verlinkt werden. Dies entlastet den Mailserver enorm. Dieses Vorgehen spart zudem enorme Ressourcen ohne Informationsverlust.

Das Lösungskonzept sollte aber nicht isoliert aus der Sicht der E­-Mails betrachtet, sondern im Zusammenhang mit weiteren Unterlagen aus den Ge­schäftsfällen kombiniert werden. So können die Mitarbeitenden einen Überblick über einen Kunden, einen Lieferanten oder ein Projekt erhalten und effizient handeln. Dieser Nutzen bedarf aber einer manuellen Zuweisung der wenigen, aber relevanten At­tribute wie z.B. des Kunden. In einigen Fällen können solche Attribute über automatisierte Services erfolgen. So ist es möglich, den Kunden automatisch anhand der E­Mail­Adresse aus dem Kundenverzeichnis oder dem CRM­ System (Abkürzung für Customer Re­lationship Management und bedeutet die konsequente, werkzeugunterstütz­te Pflege der Kundenbeziehungen) zu lesen und in entsprechenden Metada­ten zu speichern. Diese Nutzung aller Unterlagen aus der Sicht der Geschäfts­ fälle, der Kunden, Lieferanten oder wei­terer Themen setzt die Disziplin der Mitarbeitenden voraus, eine konse­quente Ablage und Klassifizierung vor­ zunehmen. Zudem ist ein System ge­fragt, welches die Ablage der unter­schiedlichen Unterlagen zulässt und optimal unterstützt.

Die Wahl des richtigen Systems ist da­durch ein entscheidender Punkt. Sollen alle drei Interessengruppen profitieren können, ist ein umfassendes Enter­prise ­Content ­Management(ECM) ­Sys­tem einem spezifischen E-­Mail­Archiv vorzuziehen. Der Vorteil eines ECM­ Systems ist die Vermeidung von Silo­ Archiven für einzelne Themen oder Medien wie in diesem Fall die E­Mails. Das Thema der Aufbewahrung und Nutzung von elektronischen Unterla­gen lässt sich auch nicht auf das Thema E­-Mail beschränken, sondern soll über alle geschäftsrelevanten Unterlagen, heute und in Zukunft, homogen ge­handhabt werden.

Die Einführung eines zentralen ECM­ Systems erfolgt bei unseren Kunden in den meisten Fällen schrittweise. Da­durch reduzieren sich nicht nur die Projektrisiken, sondern die Mitarbei­tenden haben auch die Möglichkeit, sich mit dem System vertraut zu ma­chen und es optimal und gemäss ihren Bedürfnissen mitzugestalten.

Literaturverzeichnis 

Bearing Point Management & Technology Consultants. (2008). Eine Studie von Bearing Point zu den Herausforderungen und Trends im E-Mail Management. Leipzig/ München: Autor.

Brossi, P. & Winkler, M. (2008). E-Mail-Archivierung – Leitfaden zur Umsetzung – mit rechtlichen Grundlagen für die Schweiz, für Deutschland und Österreich. Rheinfelden/ Schweiz: BPX-Edition.

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Daniel Gubler

Ing. FH, EMBA, Leiter e-archive clavis IT AG.

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Les nombreuses visites faites aux entreprises de toutes tailles ont révélé que leur problème le plus urgent dans le cadre du records management réside dans la faculté pour ces entreprises à contrôler le flux de courriels qui les traverse. Si la direction envisage cette problématique essentiellement du point de vue de la conformité (compliance) pour le département Information Technology (IT), il s’agit de faire face à la croissance exponentielle de données, et de les maîtriser.

Le personnel, lui-même, dans ses activités quotidiennes ou dans des projets, désire mieux utiliser les boîtes aux lettres en tant qu’outil de communication et base de connaissance. Pour la direction, il s’agit prioritairement de préserver les e-mails de telle manière que cette préservation soit sécurisée au sein de l’entreprise et qu’ainsi on puisse y accéder, lorsque le besoin s’en fait sentir, conformément aux exigences réglementaires.

Pour le département Information Technology, il s’agira d’intervenir pour optimiser les besoins physiques d’archivage des e-mails et notamment de permettre le déchargement du serveur de messagerie. Pour les employés, cette problématique ne doit pas être envisagée comme un isolat, qui serait strictement lié à la gestion des e-mails, mais il s’agit de combiner la question des e-mails à celle des documents connexes produits dans l’entreprise.

Les employés auront ainsi une vue d’ensemble sur un client, un fournisseur ou un projet. C’est une condition pour qu’ils puissent agir efficacement. Mais cela nécessite aussi une forte discipline de leur part, car ils doivent avoir une approche cohérente dans le traitement manuel des archives et les compétences pour s’attaquer au plan de classement. D’autre part se pose la question d’un système qui détermine quels seront les documents à conserver et qui soutiendra donc le personnel de manière optimale. Choisir le bon système est donc un point crucial. Si l’on veut satisfaire les trois groupes d’intérêt, un ECM global sera préférable à un système d’archivage électronique dédié aux E-mails. L’avantage d’un système ECM est d’éviter la constitution de silos propres à des sujets spécifiques ou à des médias, les e-mails en l’occurrence. La question de la préservation et de l’utilisation des archives électroniques ne saurait se limiter à la question des e-mails, mais devrait être posée sur tous les documents probants de l’entreprise pour que leur manipulation puisse se faire aujourd’hui comme à l'avenir, de manière homogène.